Nach Aus für Mainzer Tradition: Newwelinge sind zurück

Seit dem Mittelalter war es Tradition, dass jedes Jahr an Allerheiligen auf den Mainzer Friedhöfen Newwelinge standen. Vor zwei Jahren aber stellte der letzte Hersteller die Produktion der beliebten Wachskegel ein. Jetzt gibt es gute Nachrichten.

Nach Aus für Mainzer Tradition: Newwelinge sind zurück

Sie sind ein Mainzer Unikum, eine alte Mainzer Tradition, die bis ins Mittelalter zurückreicht: Die Newwelinge, aus feinen Wachsschnüren hergestellte Kegel, standen immer an Allerheiligen (1. November) an den Gräbern.

Hergestellt wurden sie in aufwändiger Handarbeit von Mainzer Kerzenfabrikanten. Doch vor zwei Jahren gab der letzte Hersteller, die Kerzenfabrik „August Tusar Erben AG“, bekannt, dass die Produktion der Newwelinge eingestellt wird . Der Grund: Seine Schwester Maria Theresia, mit dem der Betreiber Franz-Hubertus Tusar die Kegel seit vielen Jahren hergestellt hatte, konnte das wegen einer Krankheit nicht mehr leisten. „Es geht nicht mehr“, sagte Tusar im Oktober 2022 gegenüber Merkurist.

Newwelinge wieder zum Verkauf angeboten

Doch nun hat sich ein Nachfolger gefunden. Eine Merkurist-Leserin hat entdeckt, dass die Wachskegel wieder verkauft werden. Produziert werden sie jetzt in der GPE Wachsmanufaktur in der Mombacher Straße. Hier arbeiten Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen, sie fertigen in Handarbeit Kerzen und andere Produkte aus Wachs.

„Wir hatten schon seit langer Zeit überlegt, die Produktion der Newwelinge zu übernehmen“, berichtet Michaela Gantert von der Wachsmanufaktur gegenüber Merkurist. Seit 2017 bereits stehe die Werkstatt in Kontakt mit Tusar, der ihnen dabei immer mit Rat zur Seite gestanden habe. Ein Problem hatte die Werkstatt aber im Vergleich zu Tusar noch: „Wir haben nicht die Maschinen, sondern können ausschließlich in reiner Handarbeit herstellen“, so Gantert. Viel hätten sie ausprobiert, vor allem an den Materialien.

Newwelinge aus reinem Bienenwachs

In diesem Frühjahr konnten sie aber mit der Produktion der ersten Wachskegel beginnen. „Wir benutzen kein Paraffin mehr, sondern reines Bienenwachs, da dieses von Natur aus sehr flexibel ist“, erklärt Gantert. Jeder einzelne der dünnen Stränge wird getaucht und dann auf ein spezielles Holz gewickelt. Eines der Wickelhölzer hat Tusar selbst zur Verfügung gestellt, die anderen haben sie von einem Drechsler fertigen lassen, sagt Gantert.

Da die Materialkosten nun höher seien, habe auch der Preis angepasst werden müssen. Ein dreistrangiger Newweling kostet 6 Euro, die größere Version mit vier Strängen 7 Euro. Insgesamt sind 13 Mitarbeitende an der Produktion beteiligt, jeweils in Schichten von zwei bis drei Stunden. Bisher haben die GPE-Mitarbeiter etwa 400 Newwelinge produziert, den ganzen Oktober bis Allerheiligen wollen sie noch weiterarbeiten. „Schon jetzt ist die Nachfrage hoch“, so Gantert.

Große Freude über Fortführung der Mainzer Tradition

Und im nächsten Jahr? Natürlich wolle man dranbleiben, sagt Gantert. „Die Freude darüber, dass diese Mainzer Tradition fortgeführt werden kann, ist sehr groß.“ Auch die Mitarbeiter selbst seien froh, ein Produkt herzustellen, das so beliebt ist. Ebenso wie Franz-Hubertus Tusar: „Ich werde auch an meiner Werkstatt einen Hinweis anbringen, wo die Newwelinge nun zu kaufen sind“, sagt der Kerzenfabrikant.

Verkauft werden die Newwelinge bereits bei der GPE Wachsmanufaktur selbst, ab nächster Woche gibt es sie im Geschäft „'s Fachl“ in der Inselstraße/Große Langgasse sowie im Biomarkt „Natürlich“ in der Josefsstraße.

Hintergrund

Die Mainzer Newwelinge gibt es seit vielen hundert Jahren. 1367 wurden sie erstmals urkundlich erwähnt. Verewigt ist der Newweling etwa im alten Fastnachtslied „Määnz bleibt Määnz“. Verkauft wird er traditionell an Allerheiligen an den Mainzer Friedhöfen. Dann steht er an den Gräbern oder wird mit nach Hause genommen. Er wird an einem Wachsfaden angezündet, der dann langsam abbrennt, solange man am Grab steht.

Der Newweling ist damit den Wachsstöcken ähnlich, die früher den Betenden in der Kirche Licht spendeten. Richtige Kerzen waren kostbar und wurden daher weniger verwendet. „Es war die Kerze der armen Leute, da sie innen hohl ist und dadurch günstiger“, so Tusar, der die Kegel jahrelang gemeinsam mit seiner Schwester aus 200 Meter langen Wachsschnüren per Hand gewickelt hat.