Es war das Thema der Stunde bei der Erntekonferenz des „Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd“ am 13. Juli: Die Getreideernte in Rheinhessen wird in diesem Jahr unterdurchschnittlich ausfallen. Schuld daran sind die Trockenheit und Hitze der letzten Monate. Doch wenn sie sich fragen, was sie dem Klimawandel in Zukunft entgegensetzen können, fühlen sich die Landwirte von der aktuellen Politik eher eingeschränkt als unterstützt.
Ernte-Enttäuschung
Zu zwei Dritteln sei die Ernte in Rheinhessen bereits durch. Nachdem mit dem feuchten Frühjahr bei den Bauern Hoffnung auf eine gute Ernte aufgekommen war, haben die hohen Temperaturen und das trockene Wetter der letzten acht Wochen sie zunichte gemacht. Die Qualitäten und Erträge unterscheiden sich den Landwirten zufolge aber auch teilweise in Nachbargemeinden erheblich voneinander. Das hängt laut dem Präsidenten des Bauern- und Winzerverbandes, Eberhard Hartelt, mit den Gewittern und kurzen Niederschlägen zusammen, die an manchen Orten niedergegangen sind – und an anderen nicht. Wo etwas Wasser ankam, war die Ernte besser.
„Insgesamt lässt sich beobachten, dass Kulturen, die im Herbst gesät und früh geerntet wurden, besser mit dem zweigeteilten Witterungsverlauf zurechtkamen als beispielsweise spätreifender Winterweizen oder im Frühjahr gesäte Sommergeste. Damit bestätigt sich der Trend der vergangenen Jahre“, so Hartelt.
„Gefangen im System“
Eine Konsequenz haben die rheinhessischen Bauern in der jüngsten Vergangenheit bereits daraus gezogen: Sie säten mehr widerstandsfähige Herbstkulturen aus. Wie Adolf Dahlem, der Pflanzenbau-Fachmann des Bauernverbands, erklärte, mussten sie sich daraufhin aber eingestehen, dass sich Krankheiten vermehrten und Unkraut nicht mehr beizukommen war. „Fruchtwechsel“, also Abwechslung im Anbau der Pflanzen auf den Böden, sei weiterhin dringend nötig.
„Wir sind gefangen im System“, sagte Dahlem weiter. Seiner Meinung nach wäre es dringend nötig, dass neue Prozesse und Pflanzungsmethoden zugelassen würden – etwa CRISPR-Cas, umgangssprachlich auch Gen-Schere genannt. Damit könnten durch DNA-Veränderung widerstandsfähigere Pflanzen erzeugt werden.
Doch nicht nur die fehlende Erlaubnis für diese neuen Techniken bekümmert die Bauern. Auch, dass immer mehr landwirtschaftliche Fläche verlorengeht, biete ihnen keine guten Zukunftsperspektiven, beklagt Willi Enders, der Sprecher der Mainzer Landwirte. Das falle vor allem im städtischen Raum auf. Seit 2021 spitze sich die Situation zu, die Ackerfläche gehe dramatisch zurück. Unter solchen Bedingungen befürchtet Enders große Nachwuchsprobleme für die rheinhessische Landwirtschaft, aber auch für ganz Deutschland.
Fokus: Pupsende Kühe
Auch die Artenschutzmaßnahmen des Mainzer Umweltamts kritisiert Enders scharf. Es könne nicht sein, dass Saat-Krähen bei Obst-Bauern Schäden von 100.000 Euro verursachen, ohne dass man sie vergrämen oder jagen dürfe. Eine Entschädigung, die den Landwirten für Fraßschäden in Aussicht gestellt wurde, sei keine Lösung, denn man hätte dann dennoch keine Erträge.
Hartelt beleuchtet die Ernteausfälle noch einmal von einer anderen Seite. Wenn wenig Früchte und Getreide in Deutschland geerntet werden können, mache man sich immer abhängiger von Exporten. Das wiederum sei auch in Anbetracht des Klimawandels nicht sinnvoll: Die Importware werde oftmals unter schlechten Standards angebaut, außerdem müsse sie ja auch nach Deutschland gebracht werden. Die CO2-Emissionen, die bei solchen Transporten ausgestoßen werden, seien ebenfalls mehr als schädlich. „Jeder Hektar, der in Deutschland landwirtschaftlich genutzt wird, ist ein aktiver Beitrag zum globalen Klima- und Ressourcenschutz!“, lautet Hartelts Fazit.
Enders und Hartelt stimmen überein, dass der Klimaschutz im Bewusstsein der Landwirte längst angekommen sei. „Bauern sind ja zuerst vom Klimawandel betroffen“, so Enders. Beide fordern aber, dass man angesichts dessen an pragmatischen Lösungen arbeiten solle. Für Hartelt ist „der Fokus auf pupsenden Kühen“ unangebracht. Man müsse die globalen Mechanismen im Blick haben und sich fragen, ob einzelne, wohlmeinende Maßnahmen in Deutschland die Klimakrise weltweit nicht sogar verschärfen.