Die Diskussion schwelt schon seit Jahren: Während das Bundesverkehrsministerium meint, ein sechsspuriger Ausbau der A643 durch Mainz sei unumgänglich, sehen das Naturschützer anders: Denn teilweise verläuft die Autobahn schon jetzt durch Naturschutzgebiete, durch den Lennebergwald und die Steppe des Mainzer Sands.
Vor etlichen Jahren schlossen sich daher verschiedenen Verbände und auch politische Gruppen zu einem Bündnis zusammen und fordern seitdem eine „4+2-Lösung“: Die A643 soll zwischen dem Anschluss Mombach und dem Dreieck Mainz vierspurig bleiben und bei Bedarf die Standspuren als zusätzliche Fahrspur hinzugenommen werden.
Wissing lehnte Termin ab
Insgesamt 13.376 Unterschriften sammelten die Mitglieder des Bündnisses „Nix in den (Mainzer) Sand setzen“ in den vergangenen Monaten, um sich gegen den 250 Millionen Euro teuren Ausbau auf dem vier Kilometer langem Teilstück auszusprechen. Übergeben wollten sie die Liste an Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) und baten zu diesem Zweck um einen Termin. Doch bereits nach wenigen Stunden kam die Absage. Als Gründe nannte das Ministerbüro die „dichte Terminlage“ sowie eine „Gleichbehandlung mit zum Beispiel anderen Petitionen, Interessengemeinschaften, Bürgerbegehren“.
Das Bündnis wollte die Absage nicht akzeptieren – und baute sich nun selbst einen Verkehrsminister Wissing, und zwar aus Pappe. Dieser Pappfigur übergaben sie nun symbolisch die Unterschriften vor dem Mainzer Proviantamt in der Schillerstraße. Angekündigt und angemeldet war die Aktion als Kundgebung. Vor Ort waren etliche Umwelt- und Naturschützer aus den unterschiedlichen Verbänden.
„Wissing verweigert den Dialog und offenbart damit ein Demokratiedefizit, denn Bürgerbegehren und Petitionen zu Sachthemen gehören längst zu den normalen und üblichen Kommunikationsprozessen in einer lebendigen Demokratie“, so Heinz Hesping, der Sprecher des Bündnisses. Nach der Aktion stellten Hesping und andere Mitglieder die Attrappe vor der FDP-Landesgeschäftsstelle ab, dessen Vorsitzender ebenfalls Wissing ist. Der „echte“ Wissing bekam die Unterschriften per Post, da bei der Geschäftsstelle niemand die Tür öffnete.
Gefährdete Naturschutzgebiete
Mit der Petition fordert das Bündnis, das laufende Planfeststellungsverfahren auszusetzen. „Verhindern Sie die weitere Zerstörung des Mainzer Sandes und des Lennebergwaldes“, heißt es im Schreiben an Wissing. Der geplante sechsspurige Autobahnausbau der A643 würde den Lennebergwald und den Mainzer Sand weiter stark gefährden.
„Die enorme Zustimmung wie auch einschlägige Umfragen belegen, dass die Menschen eine nachhaltige Verkehrswende wollen“, so Hesping. „Auch die Klimaveränderungen machen zwingend klar, dass es mit dem Autobahnbau so nicht weitergehen kann.“ Stattdessen solle man im Verkehrssektor eher in Bahn und ÖPNV investieren.
Aktuell laufende Planungen sollen ausgesetzt werden
„Wir haben ohnehin das dichteste Autobahnnetz in Europa“, pflichtete ihm Christian Henkes, der Vorsitzende des Nabu Mainz und Umgebung, bei. „Die Klimakrise zeigt uns mit brutaler Deutlichkeit, dass wir grundlegend anders denken und handeln müssen.“ Stattdessen solle man abwarten, bis die drei laufenden Autobahnbaustellen in der Region fertig gestellt seien: die Schiersteiner Brücke, das Schiersteiner Kreuz und die Salzbachtalbrücke. „Denn es spricht viel dafür, dass der Verkehr dann flüssiger läuft. Bis dahin sollte das aktuell laufende Planfeststellungsverfahren ausgesetzt werden“, so Henkes.
Das Bündnis ist inzwischen nicht mehr die einzige Gruppierung, die sich gegen die Ausbaumaßnahmen einsetzt. So hatten Anfang März mehrere Hundert Menschen auf der gesperrten A643 gegen den Ausbau der Autobahn protestiert. Einige Klimaaktivisten seilten sich von der Autobahnbrücke ab und hielten dort ein Banner hoch.