Selbst nach 78 Jahren sind im Stadtbild von Mainz noch viele Narben des Zweiten Weltkriegs zu sehen. Eine davon: die Kirche St. Christoph in der Hinteren Christofsgasse. Sie wurde bis auf ihre Grundmauern zerstört und ist für die nachfolgenden Generationen ein Mahnmal. Doch nicht nur die Kirche fiel dem wohl schwersten Angriff auf Mainz im Jahr 1945 zum Opfer.
Flammenmeer Mainz
Um 16:30 Uhr startete der Angriff – und dauerte nur 15 Minuten. Das alte Mainz gab es danach nicht mehr. 425 Bomber der britischen Royal Air Force flogen am 27. Februar den Angriff auf Mainz und warfen dabei knapp 1500 Tonnen Bomben ab. In einem gewaltigen Flächenbrand bildete sich in der Großen Bleiche und Umgebung ein Feuersturm: Durch die Hitze stieg Luft nach oben und zog Frischluft nach, die das Feuer nur weiter anfachte – die Große Bleiche verwandelte sich für die Menschen in eine brennende Hölle. Augenzeugen berichteten von einer brennenden Stadt, deren Flammen sich wie eine Fackel nach oben zusammenschlossen. Verbranntes sei bis nach Gonsenheim geflogen.
Mehr als 1200 Menschen starben, 80 Prozent der Innenstadt wurden bei diesem Angriff zerstört. Das frisch renovierte Alice-Krankenhaus wurde dem Erdboden gleichmacht. Unter den Trümmern im historischen Stadtzentrum ragte nur der Dom hervor – er hatte lediglich Schäden am Dach.
Tod im Luftschutzkeller
Insgesamt waren am Schicksalstag vor 78 Jahren 2600 alliierte Bomber und Jagdflugzeuge im deutschen Luftraum unterwegs. Die aus Sachsen und dem Ruhrgebiet zurückkehrenden Bomber der US-Luftflotte und der eigens auf Mainz angesetzte Kampfverband der Briten wurden vom deutschen Flugmeldedienst zu spät gemeldet. Hilflos fliehende Menschen konnten das Brummen der Bomber schon beinahe hören, so berichteten Zeitzeugen. Bombensichere Luftschutzräume in den Kellern der Mainzer Aktienbrauerei und der Sektkellerei Kupferberg blieben nahezu ungenutzt – immerhin 4000 Mainzern hätten diese Bunker Schutz geboten.
Viele Menschen atmeten auf, wenn sie Schutz gefunden hatten, jedoch boten Luftschutzkeller weniger Schutz als tieferliegende Bunker. Zwar waren die Keller mit Durchbrüchen verbunden, teils sogar durch ganze Viertel, aber viele trauten sich nicht, im Dunkeln durchzuklettern. Das Warten auf Rettung wurde somit zur tödlichen Erstickungsfalle. Auch wurden viele Ausgänge verschüttet und die Menschen blieben in den Kellern gefangen. Im Neubrunnenhof gab es 200 Tote. Im Keller des Kapuzinerinnenklosters in der Gymnasiumstraße starben 40 Nonnen und ihre Oberin – kniend im Gebet.
Am 22. März 1945 war der Krieg für Mainz zu Ende: Einheiten der Wehrmacht zogen sich über den Rhein aus der Stadt zurück oder kapitulierten vor der 3. Amerikanischen Armee. Bis Juli 1945 blieb Mainz unter amerikanischer Verwaltung, danach wurde die Stadt unter französische Verwaltung gestellt. Von 154.000 Einwohnern (Stand 1939) blieben 76.000 – viele Mainzer kehrten erst Jahre später wieder zurück.