Das Mainzer Tierheim steht an seiner Belastungsgrenze: Zu viele Tiere, zu wenig Platz und knappe Futterreserven setzen Mitarbeiter und Schützlinge gleichermaßen unter Druck. Davon berichtet Tierheimleiter Veli Kabadayi im Merkurist-Gespräch. Ihm zufolge will die Einrichtung trotz der Umstände jedem Tier ein artgerechtes Zuhause bieten.
Aufnahmestopp für Igel und Tauben
Jede Abteilung sei voll, unter anderem 50 Hunde und 40 Katzen würden im Mainzer Tierheim leben. Die Abteilung der Wildtiere sei besonders überlastet, weshalb es nun auch einen Aufnahmestopp für Igel und Tauben gebe: „Tiere nicht aufnehmen zu können, ist natürlich schwierig, aber wir müssen die Tiere, die wir haben, artgerecht versorgen können. Das sind wir den Tieren schuldig“, so der Tierheimleiter. „Es soll nicht nur ein Aufbewahrungsort für die Tiere sein, sondern wirklich ein Heim, ein Zuhause.“
Man tue alles dafür, dass die Tiere den Mangel an Platz und an Futter nicht bemerken, notfalls würde man auch privat zahlen. Für ihn sei die aktuelle Situation jedoch ein „Spiegel der Gesellschaft“. Ein Beispiel: „Wir hatten aktuell jetzt den Fall, dass sich am Freitag Leute einen kleinen, sieben Monate alten Hund gekauft haben und diesen am Montag hier abgegeben haben, weil er nicht stubenrein war.“ Die Leute seien beratungsresistent, so Kabadayi. Sie würden sich Tiere holen, ohne sich vorher zu informieren: „Beim Züchter legen die Leute das Geld hin, es werden wenige Fragen gestellt und das Tier wird einfach mitgegeben. Nach zweieinhalb Tagen landet das Tier dann hier“.
Ihm sei es wichtig, dass die Menschen sich mehr Gedanken vor dem Kauf eines Tieres machen würden, denn: „Was man sich einmal vertraut gemacht hat, dafür ist man ein Leben lang verantwortlich“, sagt der Tierheimleiter.
Finanzhilfe und Hundeführerschein gefordert
Um die aktuelle Situation zu ändern, sei es Kabadayi zufolge nötig, dass das Tierheim auch finanzielle Unterstützung für Wildtiere bekommt. Derzeit bekämen sie nur die Fundtierpauschale für Haustiere. Das ist ein finanzieller Zuschuss, den Kommunen Tierheimen oder Tierschutzvereinen für die Aufnahme und Versorgung von Fundtieren zahlen.
Auch die Einführung eines Hundeführerscheins wäre nach Kabadayis Meinung hilfreich. Mit diesem „hätte auch die Situation mit dem kleinen Welpen am Freitag verhindert werden können, weil die Menschen im Vorhinein gewusst hätten, dass der Welpe nicht allein bleiben kann und auch noch nicht stubenrein sein wird“, erklärt er.
Oft gebe es Beschwerden, dass das Tierheim kaum Tiere vermitteln würde. Das liege aber daran, dass sie streng darauf achten würden, wohin ihre Tiere kommen. Kitten zum Beispiel würden nicht in Einzelhaltung und nicht in eine Haltung ohne Freigang vermittelt werden, Kleintiere nicht in Käfighaltung.
„Energie, um weiterzumachen“
Die Tierarztkosten, die Betriebskosten und die Personalkosten würden steigen, das Team des Tierheims sei aber weiterhin motiviert: „Die Tiere an einen guten Platz zu vermitteln oder sie allein nur anzuschauen, gibt ganz viel zurück“, sagt der Leiter des Tierheims.
Vor kurzem sei wieder ein Abgabehund aus einem Auslandsverein zu ihnen ins Tierheim gekommen. Seine Besitzer seien nicht mit ihm klargekommen und der Hund hätte zurück ins Ausland gebracht werden sollen. „Nun ist er zu uns gekommen und blüht hier gerade auf. Er feiert hier gerade das Leben. Und genau so etwas gibt Energie, um weiterzumachen.“
Das Mainzer Tierheim sucht momentan noch freiwillige Helfer für die Wildtiere. Den Kontakt zum Tierheim findet ihr hier.