Barbershop-Boom in Koblenz: Steckt Schwarzarbeit dahinter?

Zahl der Friseurbetriebe in acht Jahren von 63 auf 127 gestiegen

Barbershop-Boom in Koblenz: Steckt Schwarzarbeit dahinter?

Ist es Ihnen auch schon aufgefallen? In Koblenz gibt es einen neuen Boom: Barbershops. Sie scheinen aus dem Boden zu sprießen wie Pilze nach einem warmen Sommerregen. Allein auf den 100 Metern des Altengrabens zwischen Hohenfelder Straße und Marktstraße gibt es inzwischen vier Friseure. Im Schaufenster werden Herren-Haarschnitte für 15 Euro angeboten. Auch in anderen Straßen der Altstadt gehören die schick gestylten Barbiere mit den kunstvollen Namen zum Erscheinungsbild.

Wie kommt es zu dieser unheimlichen Friseur-Vermehrung? Leiden die Koblenzer plötzlich unter akutem Haarwachstum?

Fakt ist: Die Zahl der Friseurbetriebe (dazu zählen auch die Barbershops) ist in den vergangenen Jahren drastisch gestiegen. Laut Handwerkskammer Koblenz gab es im Jahr 2016 noch 63 in der Handwerksrolle eingetragenen Friseurbetriebe, im vergangenen Jahr waren es schon 127. Eine Zulassung bekommen die Läden nach der Handwerksordnung nur, wenn sie bestimmte Kriterien erfüllen. So müssen sie von einem Meister geführt werden und bestimmte Hygiene-Standards einhalten.

Innungsmeister warnt vor unseriösen Geschäften

Also alles (Sch)eitel Sonnenschein beim Barbier um die Ecke?

Der Landesinnungsmeister des Friseurhandwerks in Rheinland-Pfalz, Guido Wirtz, sieht Haare in der Suppe. „Nach unseren Beobachtungen umgehen viele den klassischen Weg der Meisterprüfung, die eigentlich für das Betreiben eines Friseurbetriebs verlangt wird.“ Nach den Erfahrungen des Innungs-Chefs nutzen Unternehmen so z.B. die Möglichkeit, Meister als Betriebsleiter einzustellen. „Die müssten eigentlich vollschichtig arbeiten. Bei verschiedenen Kontrollen stellt sich heraus, dass die Betriebsleiter nicht anwesend sind. Es wird behauptet, sie seien krank oder hätten gerade frei.“

Auch Schwarzarbeit ist nach Angaben von Wirtz ein Problem. „Bei Kontrollen hat sich auch gezeigt, dass in den Barbershops leider auch Schwarzarbeit und Sozialversicherungsbetrug vorkommen.“ Anders sei es nicht zu erklären, dass in vielen Betrieben Haarschnitte für 15 Euro angeboten würden. Der Innungsmeister: „Bei den heutigen Preisen und Löhnen kann kein Friseur mit so niedrigen Preisen existieren. Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit müsste die Betriebe viel häufiger und intensiver überprüfen.“

Zoll kontrolliert verstärkt

Tatsächlich haben Schwarzarbeits-Kontrolleure vom Zoll in ganz Deutschland inzwischen Barbershops im Blick. 2023 wurden bundesweit 1576 Betriebe des Friseur- und Kosmetikhandwerks überprüft. Die Bilanz: 1141 Strafverfahren, darunter 384 wegen illegalen Aufenthalts von Mitarbeitern, 343 wegen Schwarzarbeit, 228 wegen Sozialleistungsmissbrauchs. In Nordrhein-Westfalen gab es im September vergangenen Jahres eine großangelegte Kontrollaktion von Zoll, Ausländerbehörden und Arbeitsschutzexperten. Insgesamt wurden 414 solcher Betriebe kontrolliert. In 90 Prozent der Fälle gab es Beanstandungen. Allein im Bereich Köln wurden demnach 19 Personen schwarz beschäftigt, 18 wurde der Mindestlohn nicht gezahlt, in acht Fällen gab es Hinweise von Sozialleistungsbetrug.

Landesinnungsmeister Wirtz sorgt sich deshalb vor allem um das Ansehen von den vielen Friseuren und Barbieren, die sich an die Vorschriften halten. Sie dürften nicht über einen Kamm geschert werden mit den wenigen Kollegen, die unseriös tätig seien. „Barbershops, die so arbeiten, schädigen die Friseurbranche massiv.“