Ihre wirtschaftlichen Turbulenzen hat das GKM mit seinen Koblenzer Standorten Kemperhof und Evangelischer Stift im Februar des vergangenen Jahres zunächst überstanden. Der Krankenhauskonzern Sana war zuvor aus den Verhandlungen um die Übernahme des Klinikverbunds, zu dem auch die Häuser in Mayen, Boppard und Nastätten gehören, ausgestiegen. Die Stadt Koblenz und der Landkreis Mayen-Koblenz stützten die kommunalen Kliniken, um den Betrieb für die nähere Zukunft zu sichern.
Fast auf den Tag genau ein Jahr später hat das Deutsche Rote Kreuz (DRK) verkündet, dass es sich aus der Krankenhausversorgung in Rheinland-Pfalz zurückziehen wird. Betroffen davon sind die DRK-Kliniken in Neuwied, Asbach, Altenkirchen-Hachenburg und Kirchen. Das DRK hat unter anderem für diese Standorte die Insolvenz angemeldet. Weitere Fachkliniken der DRK Trägergesellschaft Süd-West, darunter die für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie/Psychosomatik in Bad Neuenahr, sind betroffen.
Nach der neuesten Umfrage der Krankenhaus-Gesellschaft Rheinland-Pfalz (KGRP), die ihren Sitz in Mainz hat, erwarteten nahezu drei Viertel der Krankenhäuser in Rheinland-Pfalz für das Jahr 2024 Defizite. Vor diesem Hintergrund fordert die Interessenvertretung der Kliniken „eine sofortige Erhöhung ihrer Erlöse um mindestens 4 Prozent“, wie es in einer Pressemeldung vom 10. Februar dieses Jahres heißt. Landesweit sind das in Rheinland-Pfalz mindestens 150 Millionen Euro.
Krankenhausgesellschaft: Es sind Perspektiven da
Andreas Wermter ist hauptamtlicher Geschäftsführer der KGRP. „Die wichtigste Nachricht ist, dass für die DRK-Häuser, die meisten ihrer Beschäftigten und die medizinische Versorgung offenbar Perspektiven da sind“, antwortet Wermter gegenüber Merkurist auf die Frage, was der Rückzug des DRK aus der Fläche für die Versorgung der Patienten bedeutet und wie er die Lage einschätzt. „Aber natürlich muss auch die Frage gestellt werden, wie es so weit kommen konnte“, ergänzt Wermter. Einige Antworten darauf sind für ihn naheliegend. Die Gründe sind langjährige Unterfinanzierung, höhere Kostensteigerungen als Einnahmeerlöse und die Tatsache, dass die Fallzahlen, nach denen die Kliniken abrechnen, rückläufig gewesen sind. Wermter: „Betriebswirtschaftlich ist es für mich durchaus nachvollziehbar, dass Träger dann in Insolvenz geraten.“
Marienhaus-Gruppe übernimmt DRK-Standort Neuwied am 1. April
In einem Fernsehbeitrag hatte der rheinland-pfälzische Gesundheitsminister Clemens Hoch dem Südwestrundfunk gegenüber kürzlich geäußert, dass alle diese Kliniken aus sich heraus wirtschaftlich tragfähig seien. Deshalb sei er zuversichtlich, dass man andere Träger im Land für sie finden könne.
Hochs Einschätzung trifft im ersten Fall bereits zu. Als erstes wird schon in zwei Wochen das DRK-Krankenhaus in Neuwied neu starten. Am 1. April übernimmt die Marienhaus-Unternehmensgruppe Waldbreitbach den Standort und bietet künftig ihre Leistungen in der Deichstadt gemeinsam neben dem Marienhaus-Klinikum St. Elisabeth in zwei Häusern an. Etwa 75 Prozent der bisherigen DRK-Beschäftigten sollen in den neuen Verbund übernommen werden.
Was die 25 Prozent der übrigen Mitarbeiter betrifft, dazu hat Wermter eine differenzierte Meinung. „Wir haben in den Krankenhäusern einen ganz großen Fachkräftebedarf. Deshalb gehe ich davon aus, dass auch sie gute Chancen haben, eine Anschlussbeschäftigung zu finden. Aber man darf nicht davon ausgehen, dass alle Beschäftigten grenzenlos flexibel sind. Wer fährt schon gerne 50 Kilometer oder mehr zu seinem Arbeitsplatz. Wir brauchen diese Leute in unseren Kliniken. Die Gefahr, dass sie verloren gehen oder in andere Pflegebereiche abwandern, ist jedoch gegeben.“
Westerwälder Krankenhäuser: Landkreise decken mögliche Lücken
Auch für die Standorte Altenkirchen-Hachenburg und Kirchen im Kreis Altenkirchen und im Westerwaldkreis scheinen sich Lösungen abzuzeichnen. Die Diakonie Südwestfalen und die gemeinnützige GmbH Evangelisches Krankenhaus Dierdorf/Selters sollen interessiert sein. „Es liegt ein Angebot vor, dieses befindet sich weiterhin in Abstimmung mit dem potenziellen neuen Träger und der Insolvenzverwaltung“, heißt es in einer Pressemitteilung der DRK-Trägergesellschaft Süd-West. Und weiter: „Die Kreise haben ihre Bereitschaft erklärt, mögliche Liquiditätslücken für drei Monate zu decken.“
Die Diakonie Südwestfalen bestätigte gegenüber den Medien, dass eine Besichtigung der drei Krankenhausstandorte stattgefunden hat. Der Rundgang umfasste die Einrichtungen in Altenkirchen, Kirchen und Hachenburg. Dabei wurde überprüft, inwieweit eine Übernahme wirtschaftlich und medizinisch sinnvoll wäre. In Altenkirchen gibt es derzeit kein reguläres Krankenhaus mehr, sondern eine psychiatrische Einrichtung für Kinder und Jugendliche mit einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ). Ob eine Rückkehr zum regulären Krankenhausbetrieb möglich ist, bleibt unklar.
Auch für Kamillus-Klinik Asbach gibt es Interessenten
Auch für die Asbacher Kamillus-Klinik ist die Lage keineswegs aussichtslos. Das Krankenhaus im Kreis Neuwied hat sich auf Multiple Sklerose (MS) und Schlaganfallpatienten spezialisiert und kooperiert seit einigen Jahren mit der Uniklinik in Bonn (UKB). Dass hieraus nun sogar eine neue Trägerschaft für das Asbacher Haus entstehen könnte, ist eher nicht zu erwarten. Hingegen hat ein Sprecher der Marienhaus-Gruppe gegenüber der Rhein-Zeitung bestätigt, Interesse an der Asbacher Klinik bereits bekundet zu haben. Gerüchtehalber soll es insgesamt vier Interessenten geben, wird spekuliert.
„Krankenhäuser bleiben als Arbeitgeber attraktiv“
Andreas Wermter ist jedenfalls vorsichtig optimistisch, dass für die betroffenen Standorte Lösungen gefunden werden können. „Ich sehe, was in den Medien verlautbart wird. Das Land ist in die Verhandlungen stark eingebunden. Wir als KGRP sind allenfalls als Moderatoren involviert. Insgesamt ist es wichtig festzuhalten, dass alle Krankenhausträger für strukturelle Veränderungen sehr offen sind. Unser gemeinsames Ziel ist es, eine qualitativ hochwertige Versorgung in der Fläche zu gewährleisten. Das kommt in der Berichterstattung häufig zu kurz. Unsere Krankenhäuser sind und bleiben als Arbeitgeber attraktiv.“
Es scheint so, als könnten die DRK-Kliniken im nördlichen Rheinland-Pfalz die Intensivstation in absehbarer Zeit verlassen. Bis zur vollständigen Genesung wird es aber noch einige Zeit brauchen.