Kaum vorstellbar: Auch der Schwerlastverkehr, teilweise sogar 40-Tonner, fahren Tag für Tag durch das enge Stadtzentrum von Braubach. Täglich sind es rund 12.000 Pkw, Lkw und Motorräder, die sich durch die enge Ortsdurchfahrt mit dem Nadelöhr „Obertor“ zwängen.
„Die Ortsumgehung ist schon seit Jahrzehnten ein Thema. Da war ich noch ein Pimpf“, sagt Helmut Veit. Der 76-jährige ist Vorsitzender der „Bürgerinitiative für eine verkehrsberuhigte Stadt“, die treffenderweise den Namen „Braubach lebenswerter e.V.“ trägt. Gegründet wurde sie am 1. Juli 2013.
Zwei Ausweichrouten für Lkw-Maut
Im Rhein-Lahn-Kreis konkurrieren zwei Straßen als Ausweichrouten für die Lkw-Maut zwischen dem Raum Koblenz und dem Rhein-Main-Gebiet: die Bundesstraße 260 (Bäderstraße Taunus) und die Landstraße 335. „Das ist die kürzeste Strecke zwischen Koblenz und Wiesbaden/Frankfurt“, sagt Veit.
Die B260 führt von Lahnstein über Holzhausen an der Heide nach Wiesbaden. Die L335 verläuft von Braubach ebenfalls nach Holzhausen an der Heide und trifft wenige Kilometer später wieder auf die B260 in Richtung Wiesbaden. Beide Strecken sind nicht durchgängig mit Ortsumgehungen ausgebaut.
Aktuell ist Braubach entlastet
Seit September 2024 wird an der L-335-Ortsumgehung von Dachsenhausen gebaut. Deshalb ist die Straße für den Verkehr komplett gesperrt. Und damit die Verbindung über Braubach in die hessische Landeshauptstadt Wiesbaden gekappt.
Weil dort in Richtung Braubach Fels entlang der Trasse porös ist und zum Teil gegen Abbruch gesichert werden muss, kommt es zu Verzögerungen des Projekts. „Gott sei Dank, von mir aus kann das noch zehn Jahre lang dauern“, sagt der BI-Vorsitzende. Wohl wissend, sobald der Verkehr zwischen Braubach und Dachsenhausen wieder fließt, ist es in Braubach mit der derzeitigen Verkehrsberuhigung vorbei.
Tunnel soll Umgehung ermöglichen
Jetzt, zwölfeinhalb (!) Jahre nach der Gründung ihrer Bürgerinitiative, sind die Braubacher aber grundsätzlich bei ihrem Engagement für mehr Ruhe und weniger Verkehrsbelastung in ihrer Stadt immer noch nicht viel weitergekommen. Dennoch lässt die BI nicht locker.
Und das ist der Stand kurz vor dem Jahresende 2025: Eine Tunnellösung, die die BI erarbeitet hat, um die Beeinträchtigungen der Umwelt möglichst gering zu halten, soll Entlastung bringen.
Jetzt gibt es einen neuen Anlauf. Von der Dachsenhäuser Straße am südöstlichen Ortseingang von Braubach soll die künftige Verkehrsführung durch einen Tunnel im Berg mit einem Höhenunterschied von 40 Metern hinunter zur Bundesstraße 42 führen.
Überführung nein! – Unterquerung ja?
Um dabei im weiteren Verlauf unten die rechtsrheinische Bahnlinie Wiesbaden – Koblenz zu queren, war zunächst eine Überführung geplant gewesen. Diese Variante wurde jedoch vom Zweckverband Welterbe Oberes Mittelrheintal der UNESCO nicht genehmigt. Eine solche Trassenführung wurde als nicht Welterbe-verträglich eingestuft. Die erforderlichen Stützmauern würden den Blick von rheinseits nicht zum ursprünglichen Landschaftsbild des Mittelrheintals passen.
Eine „Heritage Impact Assessement“ (HIA – zu deutsch: „Kulturlandschaftsverträglichkeitsstudie“) muss nun zunächst Aufschluss darüber bringen, ob der Straßenverlauf unterhalb der Bahnstrecke den Vorgaben der UNESCO entspricht.
Für diese Streckenführung würde die B42 beginnend am Ortsausgang in Richtung Osterspai in Höhe der Wohnmobil-Stellplätze am Rhein auf mehreren hundert Metern abgesenkt. An der tiefsten Stelle würde die Umgehung nach links abzweigen und unterhalb der Gleise hindurch in Richtung des etwa 450 Meter langen Tunnels bergauf führen.
Auf dem Weg zum langfristigen Ziel der Braubacher Bürgerinitiative, dem Bau einer „echten“ Umgehungsstraße, welche Braubach komplett umfährt, wäre das ein großer Schritt.