Warum finden in Koblenz keine großen Konzerte mehr statt?

Was haben Bon Jovi, Nena, Herbert Grönemeyer, Anastacia, Elton John, Andrea Bocelli, Peter Maffay, Nickelback, die Sportfreunde Stiller und PUR gemeinsam? Sie alle sind schon mal vor dem Kurfürstlichen Schloss in Koblenz aufgetreten.

Warum finden in Koblenz keine großen Konzerte mehr statt?

Alle genannten Musiker, die zum Teil Weltstars sind und ihr Publikum in vielen unterschiedlichen Genres begeistern, lockten zehntausende Zuschauer in den späten 1990er- und frühen 2000er-Jahren zu ihren Konzerten vor das Kurfürstliche Schloss in Koblenz. Der Konzertreigen, der am 29. Juni 1997 mit dem italienischen Tenor, Songwriter und Produzent Bocelli begann, endete abrupt am 17. Mai 2006 mit der US-amerikanischen Rockband Bon Jovi. Was unweigerlich zu der Frage führt: Warum überhaupt finden in Koblenz schon lange keine großen Konzerte mehr statt?

Bon Jovi-Auftritt endet halbe Stunde früher als geplant

Der Bon Jovi-Auftritt im Koblenzer Schlosspark endete an jenem Mittwochabend im Mai 2006 eine halbe Stunde früher, als geplant. Das Management der Rockband hatte sich im Verlauf der Veranstaltung dazu entschlossen. Der Grund: Die Songs von Bon Jovi, die über Mikrofone und Verstärker aus den Lautsprechern ertönten, waren an diesem Abend an diesem Ort schlichtweg zu laut. Jedenfalls sah es das Ordnungsamt der Stadt Koblenz so. Laut der Veranstaltungs-Agentur Argo-Konzerte GmbH aus Würzburg sei während des Auftritts mehrmals mit einem Bußgeld in fünfstelliger Höhe gedroht worden, falls die Lautstärke die zulässigen Grenzwerte überschreiten sollte. Ab 22 Uhr waren mit Beginn der Nachtruhe nur noch 55 Dezibel erlaubt.

Die Agentur entschied, die Rockmusiker eine halbe Stunde früher als geplant von der Bühne zu holen. Auftritte von musikalischen Weltstars hat es am Koblenzer Schloss seither nicht mehr gegeben. Vom 15. April bis zum 16. Oktober 2011 war das Gelände rund ums Kurfürstliche Schloss ein Teil der Bundesgartenschau, die damals zum ersten Mal in Rheinland-Pfalz stattfand und mit mehr als 3,5 Millionen Besuchern bis heute die erfolgreichste BUGA seit Einführung des elektronischen Zählsystems im Jahr 1997 gewesen ist.

Lokale Konzertveranstalter tragen das volle Risiko

„Solche Konzerte wie damals sind in Koblenz heute schon allein wegen der Tiefgarage und der Gestaltung der Oberfläche des Geländes nicht mehr möglich“, erklärt Jan Moryson. Er ist Abteilungsleiter Marketing bei der Koblenz-Touristik GmbH. „Auf der Festung Ehrenbreitstein gibt es eine Location, die in der Stadt nicht direkt sichtbar ist. Im Kalender der Festung sind natürlich nicht die ganz großen, aber ebenfalls sehr gute Veranstaltungen dabei.“ Als weiteren Grund nennt Moryson ein „Regionsproblem“ wie er es nennt. „Wir liegen an den Grenzen zu Köln und Frankfurt. Wenn Künstler in den Stadien dort auftreten, planen sie nicht regional dazwischen noch ein weiteres Konzert“, gibt er zu bedenken.

„Konzerte sind in einer Halle schlichtweg schlauer und sicherer“, sagt ein Insider im Rückblick auf die vergangenen Jahrzehnte. Die Infrastruktur für Zuschauerbereiche, Bühne, Backstage, VIP-Areas, Strom, Beschallung etc. sei in jeder Veranstaltungshalle vorhanden. Das Sicherheitskonzept (Organisation der Fluchtwege und Notausgänge) müsse nicht eigens erstellt werden. „Allein das Thema Strom hat eine immense Bedeutung. Es müssen unzählige Meter Kabel verlegt, Starkstromanschlüsse hergestellt werden. Die große Unbekannte ist dabei das Wetter. Alles muss auch regen- und sturmfest sein.“ Und nicht zuletzt trage der jeweilige Veranstalter das volle Risiko und müsse für alle Kosten in Vorleistung treten.

Megaevents dominieren die Konzertszene anno 2025

Die Szenerie der Open Air Konzerte hat sich insgesamt erheblich verändert. Außerhalb der Megaevents wie zum Beispiel Rock am Ring (am Nürburgring), Rock im Park (Nürnberg), Nature One (auf der Raketenbasis Pydna bei Kastellaun im Hunsrück) und Tomorrowland (Belgien) ist die Zahl der Einzel-Gigs unter freiem Himmel rückläufig. Hierbei ist nicht zuletzt ein weiterer wichtiger Aspekt, dass die Gagen der Künstler erheblich gestiegen sind.

Und die Stars gehen heutzutage bei der Planung ihrer Touren auch alternative Wege. „Adele hat ihre komplette Europatournee an einem zentralen Ort platziert und musste für ihre Konzerte nicht aufwendig durch die Gegend fliegen“, verweist Moryson auf die Sommertour 2024 der britischen Popsängerin in München. Dort gab es im August zehn Konzerte in einer eigens für den Superstar gebauten Arena, die an ein und demselben Ort 740.000 Besuchern Platz bot.

Bei einem Blick auf das Programm 2025 des Veranstalters Argo in diesem Jahr springt Anastacia von den ehemaligen „Koblenzern“ erneut ins Auge. Sie kehrt im August auf ihrer Europa-Jubiläumstour unter anderem nach Nürnberg (Meistersingerhalle) und Dresden (Freilichtbühne Junge Garde) zurück. Die „Not That Kind“-Tournee zelebriert das 25-jährige Jubiläum ihres Debüt-Studioalbums, das 2000 veröffentlicht wurde. Nicht nur in Koblenz, die Locations bieten längst nicht mehr überall fünfstelligen Besucherzahlen Platz. In Nürnberg und Dresden wird das Publikum jeweils eine mittlere vierstellige Zahl an Köpfen erreichen.

„Kaiserfestival“ lockt zum zehnten Mal ans Deutsche Eck

Zurück nach Koblenz, in die kleine Großstadt an Rhein und Mosel. Neben der Festung Ehrenbreitstein ist das Deutsche Eck ein weiterer Veranstaltungsort. Moryson: „Wir freuen uns über jedes Foto von dort, das in den sozialen Medien auftaucht. Das ist eine super attraktive Location für unsere Stadt.“ Zum Jubiläum wartet das „10. Kaiserfestival 2025“ vom 3. bis zum 7. September am Deutschen Eck auf. Alvaro Soler & Leony, Die Fantastischen Vier (Long Player on Tour) und Lea werden zu Füßen „Kaiser Wilhelms“ auftreten.

Auch wenn sie alle keine Weltstars wie Bon Jovi, Elton John und Co. sind, Open Air Konzerte in Koblenz haben immer noch ihren Reiz. Heute eben kaum 1000 Meter entfernt, flussabwärts vom Kurfürstlichen Schloss am Wahrzeichen der Stadt an Rhein und Mosel, wo 6000 bis 7000 Menschen Platz finden.