Erfolgreiches Jahr für den ÖPNV: So viele Menschen fahren Bus in Koblenz

koveb Geschäftsführer Lars Hörnig und Hansjörg Kunz im Interview

Erfolgreiches Jahr für den ÖPNV: So viele Menschen fahren Bus in Koblenz

Fast 140 Jahre unterwegs – und immer mit Blick nach vorn: Die koveb ist das Rückgrat des öffentlichen Nahverkehrs in Koblenz und Umgebung. Mit einer modernen Flotte von rund 100 Fahrzeugen, rund 300 Beschäftigten und einem Streckennetz von 120 Kilometern bringt das Unternehmen jährlich Millionen Menschen sicher ans Ziel. Im Interview standen uns die beiden Geschäftsführer, Lars Hörnig (LH) und Hansjörg Kunz (HJK) zu den Themen Deutschlandticket, technische Entwicklungen und die Mobilität der Zukunft zur Verfügung:

Rückblickend auf das Jahr 2024, wie fällt Ihr Fazit aus?

LH: Insgesamt können wir auf ein sehr erfolgreiches Jahr für den öffentlichen Nahverkehr in Koblenz zurückblicken. Die Herausforderungen, die im Laufe des Jahres aufgetreten sind – wie etwa Tarifverhandlungen und damit verbundene Streiks – haben wir gut gemeistert. Trotz der angespannten Lage mussten wir keinen einzigen Tag den Betrieb einstellen. Das ist nicht selbstverständlich und zeigt, wie stabil wir aufgestellt sind. Die Fahrgastzahlen entwickeln sich weiterhin positiv, im letzten Jahr haben wir rund 10,8 Millionen Menschen sicher ans Ziel gebracht.

Wieviel Anteil hat das Deutschlandticket an diesem guten Ergebnis?

LH: Das Deutschlandticket trägt natürlich umfangreich zu dieser Entwicklung bei. Wir verzeichnen einen klaren Erfolg in der Vermarktung – besonders erfreulich ist, dass wir uns damit erstmals auch direkt im Vertrieb positionieren konnten. Das heißt: Die Menschen in Koblenz, aber auch Pendlerinnen und Pendler, können ihr Deutschlandticket direkt bei der koveb kaufen – und genau das möchten wir weiter in die Öffentlichkeit tragen. Wir haben mittlerweile knapp 30.000 Abonnenten, davon 17.000 Schülertickets. Wir sehen beim Deutschlandticket Zuwächse nicht nur im Schülerticket-Bereich, sondern auch bei privaten Kundinnen und Kunden sowie im Job-Ticket-Segment. Das zeigt, dass wir eine breite Zielgruppe ansprechen und den ÖPNV für viele Menschen attraktiver machen können. Für die koveb war das Deutschlandticket – wie für den gesamten ÖPNV – eine echte Revolution. Es ist vor allem eine große Chance: Als regionales Verkehrsunternehmen können wir den Menschen vor Ort dieses Ticket direkt anbieten. Das stärkt nicht nur unsere Rolle als Anbieter, sondern sichert der koveb auch Liquidität und Erträge – ein wichtiger Beitrag zur wirtschaftlichen Stabilität.

Das Deutschland-Ticket ist bundesweit von 49 € auf 58 € angehoben worden, gab es negative Reaktionen auf die Preissteigerung von acht €?

LH: Die Reaktionen kann man an einer Hand abzählen. Wir haben keine Abwanderung erlebt, das ist so durchgelaufen. Ich glaube, das ist noch in einem Preissegment, wo die moderate Erhöhung akzeptabel ist.

Welche Themen stehen im Jahr 2025 auf der koveb-Agenda?

LH: Grundsätzlich wünschen wir uns Sicherheit, dass es das Deutschlandticket in der aktuellen Form weiterhin geben wird, denn das schafft eine stabile Grundlage für unsere Planungen. Ein wichtiger Baustein unserer Strategie ist es aber auch, das Angebot für diejenigen attraktiver zu machen, die den ÖPNV nicht täglich nutzen. Es fehlte bisher z.B. ein überzeugendes Angebot für Gelegenheitsnutzer.

Daher haben wir beim VRM erreichen können, dass der Preis für die Stadtnetzkarten Koblenz zu Jahresbeginn um bis zu 25 Prozent gesenkt wurde. Damit schaffen wir ein Angebot für Menschen, die nur gelegentlich den Bus nutzen – und geben ihnen einen zusätzlichen Anreiz, auf den ÖPNV umzusteigen oder ihn häufiger zu nutzen.

Wir werden das Thema „Digitalisierung“ weiter vorantreiben. Mittlerweile sind z.B. alle unsere Busse so ausgerüstet, dass unsere Fahrgäste nicht nur bar, sondern auch bequem per Kreditkarte, EC-Karte oder mit dem Handy bezahlen können – also vollständig „cashless“.

Daneben ist auch die digitale Fahrgastinformation im Stadtbild angekommen und wir haben mittlerweile rund 90 DFI-Anzeigetafeln installiert, an denen unsere Fahrgäste die Abfahrtszeiten in Echtzeit ablesen können. Auch über unsere Infokanäle auf WhatsApp und Instagram können wir Fahrgäste heute schneller denn je mit aktuellen Informationen versorgen. Das verbessert die Orientierung und Verlässlichkeit des ÖPNV.

Sind Veränderungen im Liniennetz geplant?

HJK: Im Liniennetz selbst sind aktuell keine größeren Veränderungen vorgesehen. Die bestehenden Strukturen haben sich im Wesentlichen bewährt. Unser Fokus liegt insbesondere auf dem barrierefreien Ausbau der Haltestellen und der Dynamischen Fahrgastinformation (DFI). Hier investieren wir gezielt, um die Zugänglichkeit und Information für alle Fahrgäste zu verbessern – auch das ist ein zentraler Bestandteil unserer Strategie für die kommenden Jahre. Das Löhr Center und der Hauptbahnhof werden ebenfalls barrierefrei ausgebaut.

„Alternative Antriebsarten“ ist immer ein aktuelles Thema, wie ist hier die aktuelle Situation?

HJK: Bereits seit 2020 verfolgen wir eine klare Strategie beim Umstieg auf alternative Antriebsarten. Im Rahmen der damaligen Neuausrichtung und in Abstimmung mit dem Nahverkehrsplan der Stadt fiel die Wahl auf Biogas als Übergangstechnologie. Ziel war es, eine zuverlässige und zugleich umweltfreundlichere Alternative zum klassischen Dieselbetrieb zu schaffen, ohne dabei die Betriebssicherheit im täglichen Linienverkehr zu gefährden. Mit der Biogasstrategie fährt die koveb wirtschaftlich gut und klimaneutral. Deshalb setzen wir uns dafür ein, diese Strategie länger fahren zu können. Auf Basis der aktuellen gesetzlichen Rahmenbedingungen müssen wir uns parallel darauf einstellen, die Antriebsart auf batterieelektrische Antriebe oder Wasserstoff umzustellen. Das wäre mit hohen Investitionskosten in die komplette Infrastruktur verbunden.

Dieser Transformationsprozess wird wesentlich durch gesetzliche Vorgaben und wirtschaftliche Überlegungen geprägt: Vorschriften wie die Clean Vehicles Directive (CVD), das Saubere-Fahrzeuge-Beschaffungsgesetz und ab 2029 die neue Euro-7-Norm beeinflussen die Auswahl der eingesetzten Technologien maßgeblich. Aktuell gehen wir davon aus, dass ab 2030 bzw. 2031 ausschließlich emissionsfreie Fahrzeuge im Fuhrpark zulässig sein werden, also Busse mit Batterie- oder Brennstoffzellenantrieb. Der Wasserstoff-Verbrennungsmotor, der technisch als Lösung geprüft würde, ist aufgrund aktueller gesetzlicher Regelungen künftig nicht mehr zulässig, was die Handlungsoptionen zusätzlich einschränkt.

Die koveb ist abhängig von gutem Personal, was tun Sie, um diese Anforderung zu erfüllen?

HJK: Aktuell sind wir beim Thema Personal gut aufgestellt – und das ist nicht selbstverständlich. Mit einem neuen, gemeinsam mit dem Betriebsrat entwickelten Dienstplan stärkt das Unternehmen die Planbarkeit für seine Mitarbeitenden. Die Besonderheit: Dienstmodelle werden für ein ganzes Jahr im Voraus geplant – ein seltenes Modell in der Branche, das vor allem Fahrerinnen und Fahrern bei der Urlaubs- und Freizeitplanung zugutekommt. Zusätzlich setzt das Unternehmen auf hohe

Sozialstandards, die über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehen, und investiert in eine intensive, strukturierte Einarbeitung neuer Mitarbeitender – anstelle eines Starts „ins kalte Wasser“.

Ihre Wünsche für die Zukunft?

LH: Was wir uns für die Zukunft wünschen, ist vor allem eines: Verlässliche Rahmenbedingungen seitens der Bundes- und Landespolitik – insbesondere im Hinblick auf die Finanzierung des ÖPNV, die Ausgestaltung von Antriebskonzepten und die Förderprogramme, die damit verbunden sind.

HJK: Wir brauchen finanzielle Unterstützung, um die Mobilitäts- und Energiewende aktiv mitgestalten zu können. Nur so können wir den Menschen in Koblenz auch in Zukunft ein stabiles, zuverlässiges und modernes Nahverkehrsangebot bieten.

Interview: Burkhard Hau