Jedes Jahr im Sommer häufen sich die Meldungen über Kinder oder Tiere, die bei Hitze in Autos zurückgelassen werden. Erst diese Woche wurde ein Kind in Wissen im Westerwald bei brütender Hitze im Auto zurückgelassen (wir berichteten). Doch wie gefährlich ist die Situation wirklich und wie sollten Passanten reagieren?
Temperatur steigt rasant an
Der ADAC warnt eindringlich davor, Kinder und Haustiere bei sommerlichen Temperaturen allein im Fahrzeug zurückzulassen. „Binnen weniger Minuten kann ein verschlossenes Auto zur Todesfalle werden“, so der Automobilclub. Bei 28 Grad Außentemperatur nähert sich die Temperatur im Auto bereits nach nur 10 Minuten der 40-Grad-Marke. In der prallen Sonne können schnell 60 Grad Celsius erreicht werden.
Besonders gefährdet sind Kinder, da sie ihre Körpertemperatur noch nicht ausreichend regulieren können. Steigt die Körpertemperatur über 40 Grad, droht ein Hitzschlag und es wird lebensbedrohlich. Auch Tiere wie Hunde oder Katzen sind stark gefährdet, da sie nicht wie Menschen schwitzen und ihre Körpertemperatur dadurch weniger regulieren können.
So sollten Passanten reagieren
Entdecken Passanten ein Kind oder Tier in einem überhitzten Auto, sollten sie zunächst an der Scheibe klopfen und prüfen, ob eine Reaktion erfolgt. Ist dies nicht der Fall oder wirkt das Kind bzw. Tier apathisch, sollte sofort die Polizei oder Feuerwehr alarmiert werden. Während man auf die Einsatzkräfte wartet, sollte man das Kind oder Tier unbedingt beobachten und im Auge behalten, ob sich die Lage verschlechtert.
Verschlimmert sich die Situation, bevor die Einsatzkräfte eintreffen, kann das Einschlagen einer Scheibe die letzte Möglichkeit sein. Der Mainzer Rechtsanwalt Dr. André Natalello rät jedoch zur Vorsicht: „Der Passant sollte sich daher versichern, dass nicht doch eine Klimaanlage im Fahrzeug angeschaltet ist.“ Zudem sollte man sich umschauen, ob der Fahrer eventuell in der Nähe ist.
Für diese sogenannte Nothilfe sollte man sich unbedingt Zeugen suchen oder die Situation mit Foto- oder Videoaufnahmen dokumentieren. Es sollte die am weitesten vom Insassen entfernte Scheibe eingeschlagen werden.
Rechtliche Konsequenzen für Helfer
Natalello erklärt weiter: „Zerstört jemand fremdes Eigentum, so stellt dies grundsätzlich eine strafrechtlich relevante Sachbeschädigung dar.“ Allerdings gebe es rechtliche Ausnahmen, bei denen das Einschlagen der Scheibe zulässig sei. „Liegen die Voraussetzungen der Rechtfertigungsgründe vor, so müssen Passanten keine strafrechtlichen Konsequenzen oder Schadensersatzansprüche befürchten.“
Harte Strafen für Fahrzeughalter
Wer ein Kind oder Tier bei Hitze im Auto zurücklässt, riskiert harte Strafen. Laut Christian Giloth, Fachanwalt für Strafrecht in Mainz, können bei Kindern je nach Schwere des Falls Freiheitsstrafen von bis zu 15 Jahren drohen. „Wird ein Kind bei zu hohen Temperaturen im Auto zurückgelassen, kommen die Straftatbestände Körperverletzung und Misshandlung von Schutzbefohlenen in Betracht“, erklärt Giloth.
Bei Tieren sieht das Tierschutzgesetz Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren vor, wenn dem Tierbesitzer Vorsatz nachgewiesen werden kann und das Tier erhebliche Schmerzen erleidet oder sogar verstirbt. Selbst bei fahrlässigem Handeln können Geldbußen von bis zu 25.000 Euro verhängt werden.
Giloth warnt: „Es werden daher, neben dem Leben des Kindes, auch gravierende Strafen riskiert, wenn man sich derart verantwortungslos verhält.“ Zudem könne sich in solchen Fällen das Jugendamt einschalten, um zu überprüfen, ob den Eltern überhaupt weiterhin das Sorgerecht belassen werden kann und gegebenenfalls unter welchen Auflagen.