Warum eine Gedenkstätte für Organspenden in Koblenz keinen Sinn macht

Stadtrat und Verwaltung denken über die Errichtung eines Gedenkortes für Organspender in Koblenz nach. Dabei werden in Koblenz keine Organe transplantiert und nur wenige Spenderorgane entnommen.

Warum eine Gedenkstätte für Organspenden in Koblenz keinen Sinn macht

Es ist ein heikles Thema, mit dem sich die Stadtspitze beschäftigt. Organspende. Noch immer zucken viele Mitbürger zusammen, wenn dieses Wort fällt. Die Initiative Organspende Rheinland-Pfalz will das Thema nun im Bewusstsein der Bürger verankern und dafür eine Gedenkstätte errichten - in Koblenz.

Der Gedenkort solle „dem Dank und Gedenken an die Menschen, die ihre Organe gespendet und damit Leben gerettet haben, und der Wertschätzung gegenüber den Organspendern und ihren Familien dienen", heißt es in einer Vorlage für den Stadtrat. „Es soll ein Platz zum Innehalten sein und trotzdem lebendig, sichtbar und für alle Menschen zugänglich, um das Thema Organspende in den Fokus der Öffentlichkeit zu lenken und die breite Öffentlichkeit dazu anzuregen, über das Thema Organspende nachzudenken."

Klingt ehrenwert, aber macht das Sinn? Ein Denkmal für Organspenden in einer Stadt, in der keine Organe transplantiert werden? Schließlich gibt es in Rheinland-Pfalz nur zwei Transplantationszentren: In der Johannes-Gutenberg-Uniklinik Mainz und im Westpfalz-Klinikum in Kaiserslautern. Die Koblenzer Kliniken sind dagegen allenfalls als „Lieferanten" für Spenderorgane bekannt. Laut „Deutsche Stiftung Organtransplantation" wurden im vergangenen Jahr in Koblenz zehn Spenderorgane entnommen: neun im Gemeinschaftsklinikum, eins im Marienhof.

Transplantationszentren wären bessere Standorte

Wenn es einen idealen Standort für eine Organspender-Gedenkstätte gibt, dann wäre das doch wohl an einem der Transplantationszentren. So ist es auch bei den beiden bisher eingerichteten Organspender-Gedenkstätten in Halle an der Saale und in Berlin.

Hinzu kommt: Empfänger der Spenderorgane werden sich nach einem erfolgreichen Eingriff wahrscheinlich eher dankbar an den Ort der Operation erinnern. Aber warum soll es sie deshalb nach Koblenz ziehen, eine Stadt, die nichts mit dem Eingriff zu tun hatte? Ein Gedenkort in der Nähe der Transplantationszentren macht auch deshalb Sinn, weil es gleichzeitig eine Art Ehrung für die Operateure, Krankenschwestern und Pfleger wäre. Denn sie sind die wahren Helden, wenn es um die Rettung von Menschenleben durch Spenderorgane geht.

Bitte nicht falsch verstehen: Ich bin sehr für die Organspende und die öffentliche Aufklärung darüber. Laut Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit haben 44 Prozent der Bevölkerung einen Organspendeausweis oder die Zustimmung zur Entnahme von Organen nach dem Tod in einer Patientenverfügung dokumentiert - also weniger als die Hälfte. Da ist noch viel Luft nach oben. Im vergangenen Jahr sind in Deutschland 3013 Organe verpflanzt worden. Aber 8500 Kranke stehen auf einer Warteliste für ein neues Organ. Fast 700 Patienten warten auf ein Spenderherz, 841 auf eine neue Leber und fast 6700 auf eine neue Niere.

Koblenz hat schon viele Gedenkstätten

Aber ob eine Gedenkstätte irgendwo in Koblenz zu mehr Spendenbereitschaft führen würde, wage ich zu bezweifeln. Zumal wir in unserer Stadt jetzt schon eine Menge Gedenkstätten haben: Laut Wikipedia sind es 27. Und ich als Koblenzer muss zugeben, von einigen habe ich nie etwas gehört. Klar, das Kaiser-Wilhelm-Denkmal auf dem Deutschen Eck oder das Ehrenmal des Heeres auf der Festung Ehrenbreitstein kennt jeder. Aber das Marceau-Denkmal auf dem Franzosenfriedhof in Lützel oder das Denkmal für die Gefallenen des Feldzuges von 1866 auf dem Asterstein sind mir bisher nicht untergekommen.

Dazu kommen: Neben den Gedenkstätten gibt es noch 12 Gedenktafeln und die Stolpersteine zur Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus in Koblenz. Es gibt also keinen Mangel an Gedenkorten bei uns. Statt irgendwo eine Organspender-Stele aufzustellen, wäre den Kranken mehr geholfen, wenn noch viel mehr über den Spenderpass aufgeklärt würde. Und über erfolgreiche Transplantationen. Lebendige Werbung, TV-Spots und Promi-Unterstützung bringen mehr als tote Gedenksteine.