„Prognosen sind schwierig, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen“, wusste schon Mark Twain. Die Stadtverwaltung blickt trotzdem in die Glaskugel. Verständlich: Die Stadt muss schon heute planen, was im Jahr 2044 gebraucht wird. Kindergärten, Schulen, Straßen, Neubaugebiete - für alles braucht die Verwaltung Daten.
Aber wie verlässlich und aussagekräftig sind die Vorhersagen der Statistiker eigentlich? Da wird's schwierig. So hatte die Stadt vor etwa 15 Jahren den Blick auf 2025 gewagt und im optimistischsten Fall mit einer Bevölkerungszahl von 107.759 gerechnet. Tatsächlich waren es im April dieses Jahres aber 114.821 Einwohner - also rund 7000 mehr.
Unvorhersehbare Ereignisse beeinflussen Prognosen
Kein Wunder: Niemand hat 2011 den Flüchtlingsstrom aus Syrien, die Corona-Pandemie oder den Ukraine-Krieg vorhergesehen. Und allein aus der Ukraine sind seit 2022 mehr als 1600 Personen nach Koblenz gezogen. Keiner kann verlässlich vorhersagen, ob sich solche Zuwanderer-Ströme wiederholen, verstärken oder ausbleiben. Ob in Zukunft Klima-Flüchtlinge nach Deutschland ziehen oder Opfer von Kriegen, Hunger und Naturkatastrophen.
Klarer sind da schon langfristige Trends in der Bevölkerungsentwicklung. Zum Beispiel die sinkende Geburtenrate. 2024 wurden in Koblenz nur noch 918 Geburten registriert - der niedrigste Wert seit 15 Jahren! Die Geburtenrate ist regelrecht eingebrochen. Im vergangenen Jahr brachte jede Koblenzer Frau im Schnitt nur noch 1,12 Kinder zur Welt - Minusrekord. Der auch schon niedrige bundesweite Durchschnitt liegt bei 1,35 Kindern pro Frau. Gleichzeitig steigt die Zahl der älteren Einwohner. Der Bestand an über 80-Jährigen ist in den vergangenen 20 Jahren um 40 Prozent gestiegen. Inzwischen leben sogar 4659 über 84-Jährige in der Stadt.
Drei Szenarien für die Zukunft
Wie sehen unsere Statistiker also Koblenz im Jahr 2044? Sind wir dann noch Großstadt oder nur noch Großstädtchen. Sagen wir so: Die Herren der Zahlen lassen sich alles offen. In der „oberen Variante“ könnten es 121.831 Einwohner sein, in einer Basis-Rechnung 113.623 und in der unteren Variante 105.790. Dann könnte Koblenz langsam den Großstadt-Status verlieren, den sie mit dem Überschreiten der 100.000-Einwohner-Marke im Jahr 1962 erhalten hat. Um die Einwohner-Entwicklung sicherer zu verfolgen, wollen die Statistiker ihre Langfrist-Prognose deshalb nun jährlich überprüfen.
Den Lokalpolitikern geben sie trotzdem einen Rat an die Hand: Sie sollen Koblenz für junge Erwachsene und Familien attraktiver machen, z.B. „durch eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie durch eine bedarfsgerechte Wohnraumversorgung“.
Potenzial durch Generationenwechsel
Und auch dafür liefern sie in einer anderen Statistik interessante Daten. Bis 2035 könnten in Koblenz bis zu 1400 Ein- und Zweifamilienhäuser zum Verkauf anstehen, weil die heutigen Besitzer und Bewohner schon hochbetagt sind. Damit könne mehr Wohnraum für junge Familien geschaffen werden als durch die absehbare Neubautätigkeit. Denn in den vergangenen fünf Jahren wurden in Koblenz im Schnitt nur 21 neue Ein- oder Zweifamilienhäuser pro Jahr fertiggestellt. Die meisten älteren Wohngebäude könnten demnach auf der Karthause (175) und in Metternich (110) freiwerden.
„Eine Dynamisierung des Generationenwechsels kann auch erreicht werden, indem den älteren, grundsätzlich zum Wechsel bereiten Haushalten entsprechende (Umzugs-) Angebote gemacht werden“, schreiben die Statistiker.
Es hängt also auch an den Alten, ob Koblenz jung und Großstadt bleibt.