Muss das schön sein, bei der Stadt Koblenz zu arbeiten. In einem neuen Video zur Mitarbeitergewinnung auf YouTube schwärmen zehn Verwaltungs-Beschäftigte in höchsten Tönen von ihrem Arbeitsplatz: „Ich bin Großstädtchen-verliebt.“
Ganze 9 Minuten und 44 Sekunden dauert der neue Werbefilm „Werde auch Du Teil unserer Stadtverwaltung“. Zu sehen sind zum Bespiel ein Feuerwehrmann, der laut Begleittext „Benzin im Blut“ hat und „Malle verrückt“ ist. Oder eine städtische Gärtnerin, über der das Wort „Quasselstrippe“ aufploppt, und eine Erzieherin eines städtischen Kindergartens mit „Kicherkompetenz“. Ein Bauzeichner („Naturjunge“) schwärmt: „Wir kennen uns alle ziemlich gut und haben auch Spaß auf der Arbeit zusammen.“
„Ideenrakete“, „Menschen-Magnet“ und „Dickkopf“ gesucht
Andere Werbe-Figuren aus dem Video laufen unter der Überschrift „Ideenrakete“, „Menschen-Magnet“ oder „Dickkopf“ durchs Bild. Sieht irgendwie sehr bemüht hipp aus – oder wie es neudeutsch heißt: cringe (das ist Jungendsprech und steht für peinlich). Das gilt übrigens auch für den IT-Anwendungsbetreuer des Gebietsrechenzentrums im Werbevideo, der über seinen Job lobhudelt: „Es fühlt sich eher an, wie in einem jungen Startup und überhaupt nicht wie Amt. Wir haben sehr moderne Räume.“
Und irgendwie passt die schöne neue Stadtverwaltungs-Welt so gar nicht zur Realität. Gerade erst hat das Rechenzentrum in schonungsloser Offenheit auf die gar nicht so angenehmen Seiten des Jobs aufmerksam gemacht. Auch 2025 würden „die personellen Ressourcen voll ausgelastet sein und auch weiterhin Überstunden an einigen Stellen nicht vermeidbar sein“, heißt es in einem Bericht für den Stadtrat. Ausgebildete IT-Spezialisten könnten mit den Tarifgehältern im Öffentlichen Dienst „kaum gewonnen werden“.
Bis 2032 gehen fast 400 Beschäftigte in Ruhestand
Auch in anderen Ämtern sieht es nicht besser aus. In den nächsten sieben Jahren gehen 393 der rund 2300 Beschäftigten in den Ruhestand. Weitere sieben Prozent der Belegschaft verlassen die Stadt im Schnitt pro Jahr wegen auslaufender Zeitverträge – oder sie wechseln zu anderen Verwaltungen. Das bedeutet dann ja wohl, dass die Beschäftigten es vorziehen zu einer anderen Verwaltung zu wechseln, statt dem ach so angenehmen Arbeitgeber Koblenz treu zu bleiben.
Ganz abgesehen davon, dass diese Dienstherren-Wechsel für die Stadt auch noch immer teuer werden. Denn sie muss einen Teil der Versorgungskosten übernehmen. In diesem Jahr sind dafür im Haushalt 1,54 Millionen Euro eingeplant – ein Anstieg um fast 50 Prozent!
So wird die Personalnot zu einem immer größeren Problem für die Stadt. Die Verwaltung spricht von einer „signifikanten Zahl“ von Stellen, die in Zukunft „nicht durchgehend besetzt sein“ werden. Betroffen seien vor allem Erzieherinnen, der Ingenieurbereich, das IT-Personal, aber auch Sachbearbeitungsstellen im klassischen Verwaltungsbereich.
Haushaltsnot zwingt Stadt zum Sparen
Andererseits zwingt die Haushaltsnot die Stadt zu Einsparungen – auch beim Personal. Fast 150 Millionen Euro gibt Koblenz für seine Beschäftigten in diesem Jahr aus, darunter 12,5 Millionen Euro nur für Pensionen seiner Ruhestandsbeamten. Um die Kosten in den Griff zu bekommen, sollen im nächsten Jahr laut Haushaltsplanung bis zu 20 Prozent der Stellen eingespart werden.
Da klingt der Jubel im Arbeitgeber-Werbefilm irgendwie hohl. Von wegen „Komm’ ins Team“…
Das werden dann auch die Bürger spüren. Die müssen sich trotz aller Werbevideos darauf einstellen, immer länger auf die Bearbeitung von Anträgen oder auf Termine beim Amt zu warten – weil das Personal fehlt.
Das Video der Stadt ist hier zu finden.