Nach turbulenten Jahren mit Insolvenzverfahren und ungewisser Zukunft meldet sich der Flughafen Hahn zurück. Mehr als eine Million Passagiere nutzten den Airport im ersten Halbjahr 2025 – ein Plus von über 20 Prozent. Auch das Frachtgeschäft zeigt wieder eine positive Entwicklung. Seit der Übernahme durch die TRIWO AG entwickeln sich die Passagier- und Cargozahlen am Hunsrück-Flughafen wieder stabil. Merkurist hat mit Rüdiger Franke, Geschäftsführer Hahn Airport, über den Neustart, aktuelle Herausforderungen und seine Vision für die kommenden Jahre gesprochen.
Merkurist: Herr Franke, der Flughafen Hahn hat im ersten Halbjahr 2025 über eine Million Passagiere abgefertigt. Ein Plus von mehr als 20 Prozent. Wie bewerten Sie diese Entwicklung?
Rüdiger Franke: Das ist eine erfreuliche Entwicklung. Unsere Zielgruppe sind vor allem Low-Cost-Carrier, und genau dieser Markt wächst – in Deutschland wie in Europa. Wir haben den Flughafen wieder attraktiver gemacht: durch Investitionen ins Terminal, durch Verbesserungen in den Abläufen und durch unseren Standortvorteil mit kurzen Wegen im Vergleich zu Großflughäfen. Für die Airlines ist entscheidend, dass ihre Maschinen hier innerhalb von 30 Minuten wieder starten können. Und nicht zu vergessen: Wir sind rund um die Uhr geöffnet. Das alles zusammen macht den Hahn wieder stark.
Nach der Übernahme durch die TRIWO AG hat der Hahn eine neue Perspektive bekommen. Welche Veränderungen hat dieser Eigentümerwechsel ausgelöst?
Franke: Vor allem Stabilität. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist es wichtig, eine Perspektive zu haben. Das steigert die Motivation und schafft Vertrauen. Gleichzeitig konnten wir investieren – in Sauberkeit, Infrastruktur und Personal. Das zeigt Wirkung: Wir sind in diesem Jahr einer der am stärksten wachsenden Flughäfen in Deutschland. Es wurde in den vergangenen Jahrzehnten viel verwaltet, aber wenig investiert. Jetzt ist es umgekehrt – und das zahlt sich aus.
Im aktuellen Sommerflugplan finden sich zahlreiche Warmwasser- und Städtedestinationen. Welche Rolle spielen diese Strecken in Ihrem Konzept?
Franke: Letztlich liegt die Streckenauswahl bei den Airlines, aber wir sehen, dass Städtereisende und Urlauber unsere Hauptzielgruppe sind. Genau diese Kunden wollen wir ansprechen – und der Erfolg gibt uns recht. Die Nachfrage ist da, und gemeinsam mit den Airlines werden wir weiter wachsen.
Viele erinnern sich noch an die Hochzeiten der 2000er-Jahre, als der Hahn Millionen Passagiere zählte. Ist eine Rückkehr in diese Dimensionen realistisch?
Franke: Die damaligen Zahlen waren oft das Ergebnis extrem günstiger Tickets. Solche Modelle gibt es heute kaum noch. Für uns ist entscheidend, stabil zu wachsen, nicht kurzfristige Rekorde aufzustellen. Ich bin überzeugt, dass wir in den nächsten drei Jahren die Marke von drei Millionen Passagieren knacken werden – vielleicht sogar 3,5 Millionen. Das ist mit unserem Terminal, unserem Personal und unserer Infrastruktur machbar. Wichtig ist, dass wir ohne ständige Aufs und Abs wachsen, damit wir nachhaltig planen können.
Neben dem Passagiergeschäft ist auch die Fracht ein zentrales Standbein des Flughafens. Wie hat sich dieser Bereich entwickelt?
Franke: Das Jahr 2024 war schwierig, trotzdem konnten wir im Frachtgeschäft zulegen. Gleichzeitig konnten wir neue Partner gewinnen. Geopolitische Restriktionen machen allerdings auch das laufende Jahr zu einer Herausforderung. Entscheidend ist unsere 24-Stunden-Betriebsgenehmigung: Während Flughäfen wie Leipzig oder Frankfurt nachts nur eingeschränkt genutzt werden können, bieten wir uneingeschränkte Möglichkeiten – für Passagier- wie für Frachtflüge. Diese Flexibilität schätzen Airlines sehr, vor allem, wenn es zu Verzögerungen kommt. Dazu kommen Wachstumschancen in Regionen wie Zentralasien, die nicht von Sanktionen betroffen sind. Dort sehe ich für uns mittelfristig großes Potenzial.
Sie haben jüngst eine Partnerschaft mit dem Flughafen Greenville- Spartanburg in den USA geschlossen. Was steckt dahinter?
Franke: Wir haben festgestellt, dass unsere Flughäfen ähnliche Strukturen haben: lange Start- und Landebahnen, vergleichbares Frachtvolumen, ähnliche Passagierzahlen. Daraus ergeben sich Synergien. Erste Frachten aus den USA sind bereits am Hahn gelandet – darunter schwere Baumaschinen. Ziel ist es, gemeinsam Märkte in Europa und Nordamerika zu bearbeiten und Frachtrouten so auszubauen, dass die Flugzeuge auf beiden Seiten gut ausgelastet sind. Das macht sie wirtschaftlicher und stärkt beide Standorte.
Welche Bedeutung hat der Flughafen Hahn für die Region?
Franke: Eine sehr große. Direkt bei uns arbeiten inzwischen fast 400 Beschäftigte. Hinzu kommen Wartungshallen mit mehreren hundert Arbeitsplätzen, darunter eine große Halle von Ryanair. Weitere sollen folgen. Insgesamt hängen direkt und indirekt rund 2000 Jobs am Flughafen – dazu zählen auch Abfertiger, Gastronomie, Hotels oder Shuttle-Dienste. Der Flughafen ist damit ein Motor für die gesamte Hunsrückregion. Und die Akzeptanz ist hoch: Viele Mitarbeiter stammen aus der Umgebung, Familien haben hier schon seit Jahrzehnten gearbeitet. Das sorgt für eine starke Bindung.
Zum Abschluss der Blick nach vorn: Wie sieht Ihre Vision für den Hahn im Jahr 2030 aus?
Franke: Ich bin überzeugt, dass wir bis dahin noch stärker aufgestellt sein werden – mit 3,5 bis 4 Millionen Passagieren und bis zu 400.000 Tonnen Fracht pro Jahr. Neben dem Passagier- und Cargogeschäft wollen wir weitere Standbeine entwickeln, etwa durch Immobilien- und Projektentwicklungen am Standort. Der Hahn soll ein verlässlicher Partner für Airlines, Logistiker und Investoren bleiben – und zugleich ein starker Wirtschaftsmotor für die Region.
Zur Person: Das ist Rüdiger Franke
Rüdiger Franke ist CEO des TRIWO Hahn Airport (HHN) und gilt als erfahrener Luftverkehrs- und Luftfrachtexperte. Der gelernte Bauingenieur bringt jahrzehntelange Führungserfahrung mit, unter anderem als Geschäftsführer der Flughäfen Zweibrücken und Karlsruhe/Baden-Baden. Seit 2004 berät er zudem Unternehmen der Luftfahrtbranche. Neben seiner Tätigkeit am Hahn engagiert sich Franke im Branchenverband ADV und in der IHK für internationale Luftverkehrsthemen.