Die Staatsanwaltschaft ist überzeugt: Der Angeklagte wollte ins Gefängnis – und soll dafür gezielt getötet haben. Nach ihrer Auffassung liegen die Mordmerkmale Heimtücke und niedrige Beweggründe vor. Sie forderte deshalb am Dienstag vor dem Landgericht Frankfurt eine lebenslange Freiheitsstrafe.
Der Verteidiger des Angeklagten sieht das anders: Aus seiner Sicht handelte es sich um Totschlag. Er plädierte auf eine Haftstrafe zwischen fünf und sieben Jahren.
„Obdachlos in der eigenen Wohnung“
Laut Anklage befand sich der Mann in einer prekären Lebenssituation. Er wohnte in einer nahezu leeren Wohnung im rheinland-pfälzischen Nastätten, war arbeitslos und nahezu mittellos. Um dieser Lage zu entkommen, soll er die Tat gezielt geplant haben – in der Hoffnung auf eine sichere Versorgung im Gefängnis. Kurz zuvor hatte er im Internet unter anderem nach „Gefängnis letzte Rettung“ gesucht.
Am Abend des 7. März reiste er mit Bahn und Taxi nach Frankfurt, wo er im Bahnhofsviertel auf den späteren Geschädigten traf – einen Mann im Rollstuhl, der regelmäßig dort bettelte. Zunächst kam es offenbar zu einem Streit, dann soll der Rollstuhlfahrer weggefahren sein. Der Angeklagte soll ihm gefolgt sein, ein Messer aus seinem Rucksack gezogen und mehrfach zugestochen haben. Das Opfer starb wenig später in einer Klinik. Der mutmaßliche Täter wurde festgenommen und befindet sich seither in Untersuchungshaft. Eine Aussage machte er im Prozess bislang nicht.
Verteidigung: „Tat nicht geplant“
Die Verteidigung hält einen Mord für ausgeschlossen. Der Angriff sei, so der Anwalt, nicht aus Kalkül erfolgt, sondern sei eine spontane Reaktion auf eine als bedrohlich empfundene Situation gewesen. Der Rollstuhlfahrer habe seinen Mandanten bedroht. Aufgrund einer psychischen Ausnahmesituation habe sich der Angeklagte subjektiv in einer Notwehrlage gesehen. Hinweise auf eine geplante Tat gebe es keine.
Die Entscheidung über das Strafmaß will das Gericht am Freitag um 8.30 Uhr verkünden.