Ermittlern ist ein Schlag gegen ein internationales Betrügernetzwerk gelungen, das mit Fake-Abos einen Schaden von über 300 Millionen Euro verursacht haben soll (Merkurist berichtete). Wie das Bundeskriminalamt (BKA) und die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz mitteilten, nahmen die jahrelangen Ermittlungen ihren Ursprung im rheinland-pfälzischen Montabaur. Bei einer Razzia auf drei Kontinenten wurden am Dienstag 18 Haftbefehle vollstreckt, davon fünf in Deutschland.
Insgesamt richten sich die Ermittlungen gegen 44 Beschuldigte. Den 36 Männern und acht Frauen wird vorgeworfen, mit gestohlenen Kreditkartendaten von Geschädigten aus 193 Ländern mehr als 19 Millionen Schein-Abos abgeschlossen zu haben. Allein in Deutschland durchsuchten über 250 Einsatzkräfte 29 Objekte, unter anderem in Rheinland-Pfalz und Hessen.
Professionelle Masche mit kleinen Beträgen
Die Bande soll professionell gestaltete Schein-Webseiten betrieben haben, die vor allem Porno-, Dating- und Streamingdienste anboten. Laut BKA dienten diese Seiten nur dem Zweck, die Kreditkarten der Opfer zu belasten. Die monatlich abgebuchten Beträge waren mit etwa 50 Euro oder 50 Dollar bewusst klein gehalten und mit unverständlichen Verwendungszwecken versehen. So hofften die Täter, dass die Abbuchungen von den mehr als vier Millionen Betroffenen übersehen oder nicht zugeordnet werden.
Zur Abwicklung der Zahlungen sollen die Beschuldigten vier große deutsche Zahlungsdienstleister kompromittiert haben. Bei einem dieser Unternehmen installierten sie den Ermittlern zufolge sogar eine eigens für Geldwäsche programmierte Software. Die für den Betrug nötigen Kreditkartendaten erbeuteten die Täter mutmaßlich durch Phishing-Angriffe.
Ermittlungen reichen von Montabaur bis Nordkorea
Ausgelöst wurden die fünfjährigen Ermittlungen unter dem Namen „Operation Chargeback“ durch die Anti-Geldwäsche-Behörde FIU, die ein auffälliges Muster bei zahlreichen Verdachtsmeldungen erkannt hatte. Der Ursprung lag laut Generalstaatsanwaltschaft Koblenz im Westerwald, da ein Beschuldigter in Montabaur seinen Wohnsitz oder eine Firma hatte. Die aufwendigen Ermittlungen führten die Beamten schließlich weltweit, Razzien fanden unter anderem auch in den USA, Singapur und Zypern statt.
Der Koblenzer Generalstaatsanwalt Harald Kruse sagte zum Ausmaß der Betrügereien: „Die puren Zahlen in diesem Verfahren lassen einen schwindeln.“ Die Ermittlungen hätten bis nach Nordkorea gereicht. Obwohl die kriminellen Aktivitäten bereits seit 2021 gestoppt wurden, dauern die Ermittlungen an. Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) sprach von einem „wichtigen Schlag gegen ein internationales Geldwäschenetzwerk“.