Das erste Date nach fast zwei Jahrzehnten – klingt aufregend, oder? Nach meiner Trennung war für mich klar: Ich wage den Sprung zurück ins Datingleben. Aber wo fängt man da an? Freunde sagten: „Probier’s doch mal online!“ Und ich dachte: Warum nicht? So klickte ich mich durch Profile, schrieb Nachrichten – und sammelte Erfahrungen, die irgendwo zwischen amüsant und absurd pendelten.
Der digitale Dating-Dschungel
Online-Dating beginnt mit einer entscheidenden Frage: Wie stelle ich mich dar? Mein Profil sollte mich widerspiegeln, ehrlich und authentisch sein. Doch genau hier beginnt schon die erste Hürde, wie ich feststellen musste. Viele Profile bestanden aus einem Namen, einem Bild und sonst – nichts. Kein Wort über Hobbys, Werte oder Wünsche. Das reicht mir nicht, und so wanderten diese „mysteriösen Kandidaten“ gleich in den Wisch-nach-links-Speicher.
Tatsächlich sticht nur heraus, wer sich Mühe gibt. Ein bisschen Persönlichkeit, ein Funken Humor – das macht neugierig. Doch selbst wenn ein Profil interessiert, bleibt es oberflächlich. Ein Foto kann nicht vermitteln, ob der Mensch dahinter wirklich so tickt, wie ich es mir vorstelle. Und sagen wir es, wie es ist: Dicke Autos und übertrieben inszenierte Posen schrecken mich eher ab, als dass sie beeindrucken.
Matches, Nachrichten und Luftschlösser
Ein Match – hurra! Der erste Schritt wäre gemacht. Doch dann geht es ans Schreiben, und hier trennt sich schnell die Spreu vom Weizen. Manche Dialoge ersticken im Keim, weil sie so wortkarg sind, dass man meinen könnte, der Gesprächspartner übt sich in Morsecode. Andere überraschen mit einer Direktheit, die jegliche Höflichkeit vermissen lässt. Ja, ich rede von den berüchtigten Nachrichten, die man lieber nicht hätte lesen wollen – oder den Fotos, die einem die Lust auf Online-Dating schlagartig verderben.
Wenn das Geschriebene einigermaßen harmoniert, folgt oft ein Telefonat oder ein Treffen. Das ist der Moment der Wahrheit: Passt die Chemie auch offline, oder entpuppt sich das Ganze als hübsch verpacktes Luftschloss?
Das echte Leben: Ungefiltert und einzigartig
Bei all den Erfahrungen frage ich mich: Wo bleibt die Spontanität? Dieses Kribbeln, wenn du jemanden siehst, der dich fasziniert. Ein Lächeln, das dich anzieht. Ein Blick, der Interesse weckt. Das erste Gespräch, das vielleicht holprig beginnt, aber voller unerwarteter Wendungen steckt.
Im realen Leben erlebst du den Menschen in seiner Ganzheit. Seine Stimme, seine Gestik, seine Mimik – das kann kein Profil und keine Nachricht ersetzen. Online-Dating ist oft zu geplant, zu inszeniert. Viele zeigen nur ihre Schokoladenseite, und wenn man sich dann begegnet, klafft eine Lücke zwischen Schein und Sein.
Worte sind gut, Taten sind besser
Eines habe ich durch meine Erfahrungen gelernt: Es sind nicht Worte, die zählen, sondern Taten. Schreiben kann jeder, erzählen auch. Aber wie jemand sich verhält, wie er mit dir spricht, wie er dich anschaut – das zeigt seinen wahren Charakter.
Interessant fand ich auch die Perspektive meiner männlichen Freunde: Offenbar sind sie jedes Mal erleichtert, wenn die Frau, die sie treffen, tatsächlich so aussieht wie auf ihren Fotos. Denn viele stellen sich mit Filtern oder Posen dar, die wenig mit der Realität zu tun haben. Authentizität? Fehlanzeige.
Fazit: Oldschool gewinnt
Ich bleibe dabei: Ein echtes Kennenlernen, wie früher – beim Ausgehen, im Café oder im Supermarkt – ist durch nichts zu ersetzen. Es mag ungeplant sein, unvorhersehbar, aber genau das macht es so besonders. Für mich bleibt das die schönste Art, jemanden wirklich kennenzulernen.
Vielleicht ist das oldschool. Aber ganz ehrlich: Ich bin lieber oldschool als enttäuscht.