Merkurist Fragen-Hagel zur Bundestagswahl (2): Koblenzer Kandidaten zu Innen- und Außenpolitik

Am 23. Februar steht die Bundestagswahl an. Im Wahlkreis Koblenz treten acht Kandidaten an. Fünf von ihnen haben sich dem Merkurist-Fragen-Hagel (Teil 2) gestellt.

Merkurist Fragen-Hagel zur Bundestagswahl (2): Koblenzer Kandidaten zu Innen- und Außenpolitik

Im Rahmen der anstehenden Bundestagswahl haben sich fünf Bewerber und Bewerberinnen des Wahlkreises 198 Koblenz dem Merkurist-Fragen-Hagel (hier für den ersten Teil klicken) gestellt, um ihre Positionen darzulegen. Thorsten Rudolph (SPD), Josef Oster (CDU), Kim Theisen (Bündnis 90/Die Grünen), Jonathan Voss (FDP) und Dennis Graf (Freie Wähler) beantworten Fragen zu ihren Plänen für die Innenpolitik und für die Außenpolitik. Leider blieben unsere Fragen seitens Joachim Paul (AfD), Oliver Antpöhler-Zwiernik (Linke) und Dominik Rapp (Volt) trotz wiederholter Nachfrage unbeantwortet. Die Antworten der Kandidaten sind nach dem aktuellen Ranking der Sonntagsfrage geordnet.

Merkurist: Unsere Gesellschaft scheint immer weiter auseinander zu driften. Was muss passieren, um den Ton zu beruhigen und zu normalisieren?

Josef Oster (CDU):
Wir brauchen eine starke Bundesregierung, die wieder die Probleme angeht und löst, die die Menschen beschäftigen. Wenn sich die Menschen auf die Politik verlassen können, wird es ruhiger werden.

Thorsten Rudolph (SPD):
Ich nehme in den vielen Gesprächen, die ich mit Bürgerinnen und Bürgern führe, eine große Unsicherheit in der Bevölkerung wahr. Die Menschen machen sich Sorgen wegen des Krieges in Europa, des Klimawandels, der wirtschaftlichen Lage und der Migration. Außerdem machen sie sich Sorgen um unsere Demokratie. Diese Unsicherheit wird von populistischen Kräften genutzt, um unsere Gesellschaft zu spalten. Da werden dann Geringverdiener und Bürgergeldempfänger oder Deutsche und Migranten gegeneinander ausgespielt. Oder es wird Respekt für die Reichsten gefordert. Die neue Regierung wird die Aufgabe haben, mit einem klaren Plan und einer klaren Kommunikation dafür zu sorgen, dass die Probleme gelöst werden, dass die Unsicherheit abnimmt und dass Zuversicht und Zusammenhalt gestärkt werden.

Kim Theisen (Bündnis 90/Die Grünen):
In einer Zeit zunehmender Spaltung, in der autoritäre Strömungen, Antisemitismus, Rassismus und Antifeminismus an Einfluss gewinnen, braucht es eine klare Haltung und entschlossene politische Maßnahmen. Um die Gesellschaft wieder zusammenzuführen, müssen wir den Dialog zwischen unterschiedlichen Gruppen fördern und gegenseitiges Verständnis stärken. Bildung und Aufklärung spielen dabei eine zentrale Rolle, denn sie helfen, Vorurteile abzubauen und demokratische Werte zu vermitteln. Ebenso wichtig ist es, soziale Gerechtigkeit zu gewährleisten, indem wir Chancengleichheit in Bildung, Arbeit und gesellschaftlicher Teilhabe schaffen. Gleichzeitig müssen wir uns entschieden gegen Hass, Diskriminierung und extremistische Tendenzen stellen und die Errungenschaften einer offenen, vielfältigen Gesellschaft verteidigen. Indem wir Vielfalt als Stärke begreifen und ein respektvolles Miteinander fördern, legen wir die Grundlage für eine solidarische und gerechte Zukunft.

Jonathan Voss (FDP):
Wir müssen die Probleme der Bürger ernst nehmen und sie sachlich in der demokratischen Mitte lösen, um den Ton zu normalisieren und das Vertrauen in die Politik zu stärken.

Dennis Graf (Freie Wähler):
Es muss ein „Miteinander"-Verständnis in der Parteienlandschaft entstehen und es darf nicht jeder auf seinem Standpunkt bestehen bleiben. Die einzelnen Parteien müssen das Beste für Deutschland und die Bevölkerung machen. Es ist jetzt nicht Zeit für Macht-"spielchen".

Merkurist: Nun ist ja die Klima- und Umweltpolitik auch im Wahlkreis Koblenz ein wichtiges Thema: Können Sie Ihre Ambitionen mit Lösungsansätzen kurz zusammenfassen?

Josef Oster (CDU):
Wir müssen die erneuerbaren Energien weiterausbauen, aber unbedingt auf Technologieoffenheit setzen. Wir brauchen in Deutschland bezahlbare Energie. Dafür müssen wir die Stromsteuer und Netzentgelte senken. Das Habeck'sche Heizungsgesetz gehört schnellstens abgeschafft.

Thorsten Rudolph (SPD):
Ich kämpfe dafür, dass Deutschland spätestens 2045 klimaneutral ist. Dafür müssen wir die erneuerbaren Energien und die Energienetze konsequent weiter ausbauen. Wir müssen unsere Industrie dekarbonisieren und Wasserstoff als Energieträger etablieren. Wir müssen die Verkehrswende umsetzen, den ÖPNV weiter stärken und dafür sorgen, dass das Deutschland-Ticket bezahlbar bleibt. Ein weiterer Bereich, in dem wir besser werden müssen, ist die Wärmeversorgung der Wohngebäude. Auch hier müssen wir klimafreundliche Heizungsoptionen nach vorne bringen.

Kim Theisen (Bündnis 90/Die Grünen):
Der Hünsrück macht es vor: Ausbau der Windenergie. Wir müssen prüfen, wo entlang der Autobahnen Solarparks, auch aufgeständerte für Landwirtschaft und Ausgleichsflächen, möglich sind. Inzwischen erzeugt Deutschland über 60 Prozent des Stromes aus Erneuerbaren Energien, das macht den Strom günstiger, umweltfreundlich und uns unabhängig von anderen.

Jonathan Voss (FDP):
Die weitere Ausweisung von Flächen für erneuerbare Energien stärkt private Investitionen und den Wirtschaftsstandort. Bauen wir Bürokratie ab und nutzen wir marktwirtschaftliche Mechanismen wie den Europäischen Zertifikatehandel für einen effizienten Klimaschutz, der Freiheit ermöglicht.

Dennis Graf (Freie Wähler):
Es muss mehr für den Ausbau erneuerbarer Energien getan werden. Das 100 Dächer Programm war ein guter Anfang, jedoch reicht das nicht. Die Förderung von dezentralen und zentralen Speichermöglichkeiten sowie eine erneute Förderung von erneuerbarer Energie, wie PV-Anlagen. Jedes Engagement einer Kommune, die in diesem Bereich tätig wird, sollte begrüßt werden. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten in den einzelnen Kommunen, die auch individuell betrachtet werden müssen. Diese unterschiede machen Deutschland auch stark. Es müssen alle Möglichkeiten, gefördert werden, die dem Klima und Umweltschutz beitragen.

Merkurist: Auch das Thema der Inneren Sicherheit und Kriminalitätsbekämpfung war vor allem in den vergangenen Wochen ein signifikantes Thema: Wie sehen Ihre Visionen diesbezüglich aus?

Josef Oster (CDU):
Dreh- und Angelpunkt der Inneren Sicherheit ist unsere Polizei, die wir stärken müssen. Die Speicherung von IP-Adressen bringt uns in der Verbrechensbekämpfung ein gutes Stück weiter. Außerdem brauchen wir, analog zum Aktionsplan Rechtsextremismus, einen Aktionsplan Islamismus. Wir müssen die Bundeswehr stärken und dabei auch über eine modifizierte Wehrpflicht sprechen.

Thorsten Rudolph (SPD):
Unsere Sicherheitsstrategie umfasst als Kernpunkte die Stärkung der Sicherheitsbehörden durch einen weiteren Personalaufbau bei der Polizei, die Verbesserung der Sicherheitsarchitektur durch ein modernes Bundespolizeigesetz mit klaren Befugnissen und die Nutzung KI-basierter Datenanalysen zur effektiveren Kriminalitätsbekämpfung, insbesondere auch im Bereich der organisierten Kriminalität. Unser Ziel ist dabei klar: Wir wollen, dass Deutschland eines der sichersten Länder der Welt bleibt – mit einem ausgewogenen Ansatz aus Schutz, Prävention und Respekt für unsere rechtsstaatlichen Werte.

Kim Theisen (Bündnis 90/Die Grünen):
Wir brauchen auf jeden Fall eine faktenbasierte und sachliche Diskussion dazu. Nachweislich sind die Gewalttaten laut Statistik gesunken. Jede Gewalttat ist schrecklich und sollte nicht passieren. Es ist nicht zielführend, diese Taten gegeneinander auszuspielen, jedoch muss genau aufgeklärt werden, wie es zu diesen Taten kommt, ob es Attentate von Menschen mit psychischen Problemen sind, ob es Femizide im häuslichen Umfeld oder Terroranschläge sind. Menschengruppen unter Generalverdacht zu stellen wird das Problem nicht lösen. Da braucht es zielgerichtete Lösungen, um die tatsächlichen Ursachen zu bekämpfen.

Jonathan Voss (FDP):
Wir müssen ein attraktiver Zielort für Fachkräfte aus der ganzen Welt bleiben. Die gezielte Fachkräfteeinwanderung ist entscheidend für die Sicherung unseres Wohlstands und die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft. Gleichzeitig brauchen wir ein klares Bekenntnis zu Recht und Ordnung. Personen, die kein Bleiberecht haben oder dieses verwirkt haben, müssen konsequent abgeschoben werden. Unsere offene Gesellschaft soll ein Ort für Menschen mit Perspektive und Wertschätzung sein – aber auch für klare Regeln und Verantwortung.

Dennis Graf (Freie Wähler):
Auch hier muss mehr getan werden. Der Vollzugsdienst (Ordnungsamt) und die Polizei, müssen besser ausgestattet werden. Dies obliegt aber dem Land und der Kommune. In RLP, sind wir zahlenmäßig in der Polizei prinzipiell gut ausgestattet. Eine Behördenübergreifende bessere Zusammenarbeit muss zwingend erfolgen, damit z.B.: gegen Gefährder auch frühzeitig die benötigten Rechtsmittel eingesetzt werden können. Es kann nicht sein, dass an den Türen, der einzelnen Behörden die Zuständigkeit einfach aufhört. Hierbei kann man z.B.: prüfen, welche Investitionen noch nötig sind, um diese Verknüpfung besser zu gestalten und ggf. auch bessere Behördenübergreifende Verbindungsstellen zu installieren.

Merkurist: Welche Ambitionen verfolgen sie bezüglich der europäischen Zusammenarbeit und Außenpolitik?

Josef Oster (CDU):
Die CDU steht für ein starkes Europa, das Kompetenzen klar ordnet und handlungsfähig nach innen und außen ist. Unser Ziel ist es unter anderem, die gemeinsamen europäischen Außengrenzen auch gemeinsam europäisch zu schützen.

Thorsten Rudolph (SPD):
Unsere Ambition ist ein starkes, handlungsfähiges Europa, das Frieden, Demokratie und Wohlstand verteidigt und Verantwortung übernimmt. Wir setzen dabei auf Diplomatie, internationale Zusammenarbeit und eine regelbasierte Ordnung. Wir wissen: Europa ist nur zusammen stark. Das gilt für die Sicherheitspolitik genauso wie für die Handelspolitik oder die Asylpolitik. Wenn Europa geschlossen auftritt, kann es ein bedeutender Akteur im Spiel der internationalen Mächte sein. Gerade Deutschland als größtes und wichtigstes Land muss seiner Verantwortung insoweit gerecht werden. Nur so werden wir Frieden und Freiheit verteidigen und unseren Wohlstand sichern können.

Kim Theisen (Bündnis 90/Die Grünen):
Die Europäische Union ist das erfolgreichste Friedensprojekt der Welt, denn sie hat nicht zuletzt aus den Trümmern von zwei Weltkriegen heraus ehemals verfeindete europäische Staaten nun schon fast 80 Jahre befriedet. Und nicht nur das: Sie bildet unseren Handlungsrahmen und hat immer wieder bewiesen, auch international für Frieden und Freiheit zu wirken. Die umfassende Unterstützung, mit der die EU und ihre Mitgliedstaaten der Ukraine seit Beginn des Angriffskrieges zur Seite stehen, zeigt ihre Handlungsfähigkeit. Auch darüber hinaus ist sie eine wirkmächtige Akteurin, die in einer globalisierten, multipolaren Welt die Gestaltungskraft besitzt, um sich für unsere gemeinsamen Werte einzusetzen.

Jonathan Voss (FDP):
Wir brauchen in der aktuellen Situation eine deutlich verstärkte wirtschaftliche Zusammenarbeit in Europa, die für uns als Exportland gerade in deutschem Interesse ist. Militärische Synergien müssen wir durch gemeinsame Beschaffung bis hin zu einer europäischen Armee schaffen. Die Ukraine muss weiterhin unterstützt werden, um verteidigungsfähig zu bleiben. Ein Diktatfrieden wäre kein Frieden für das ukrainische Volk.

Dennis Graf (Freie Wähler):
Die USA sind unser Partner. Es wird auch eine USA nach Hr. Trump geben. Aber auch mit Hr. Trump müssen wir nun klarkommen, er ist gewählter Präsident der USA und das gilt es, mit allen Unwägbarkeiten, zu akzeptieren. Ebenso muss ein friedlicheres Miteinander im Vordergrund stehen. Ein verstärkter versuch, mit Russland in Kontakt zu kommen, um Frieden in der Ukraine hinzubekommen. Es muss aber ein Frieden hergestellt werden, der für die Ukraine akzeptabel ist und von Dauer ist. Solange muss die Ukraine mit Waffen und Hilfsmitteln unterstütz werden.