Koblenzer Kandidaten verraten: So geht es nach der Bundestagswahl weiter

Rund eine Woche nach den Wahlen haben wir den Koblenzer Bundestagskandidaten vier Fragen zum Wahlausgang gestellt. Das sind die Antworten.

Koblenzer Kandidaten verraten: So geht es nach der Bundestagswahl weiter

Die Bundestagswahl 2025 ist gelaufen, die Ergebnisse stehen fest. Doch wie bewerten die Koblenzer Kandidaten den Wahlausgang? Wir haben ihnen vier Fragen gestellt.

Gleich vorweg: Von Oliver Antpöhler-Zwiernik (Linke), Jonathan Voss (FDP) und Dominik Rapp (Volt) haben wir leider keine Rückmeldung erhalten. Alle anderen Kandidaten haben uns ihre Einschätzungen zukommen lassen.

Merkurist: Welche Erkenntnis ist die wichtigste aus dem Ergebnis der Bundestagswahl vom 23. Februar 2025?

Josef Oster (CDU): „Deutschland hat sehr deutlich den Politikwechsel gewählt und der Union den Regierungsauftrag erteilt. Das zeigt, dass wir mit unserem Programm richtig liegen. Für die Partei und jeden von uns ist das eine große Motivation, obgleich wir uns der immensen Herausforderungen sehr bewusst sind. Die Ampel hat in den vergangenen drei Jahren schlicht keine gute Politik für unser Land gemacht und das Vertrauen der Menschen verspielt. Deshalb wurden die Ampel-Parteien nun abgestraft. Vor allem die SPD hat viele Wählerinnen und Wähler und auch Wahlkreise an die AfD verloren, auch in Rheinland-Pfalz. Die AfD hat ihr Wahlergebnis verdoppelt und wird zum ersten Mal zweitstärkste Partei – vor der SPD. Das ist alarmierend. Es ist nun an uns, das Ruder rumzureißen. Wir werden die Probleme Schritt für Schritt lösen.“

Thorsten Rudolph (SPD): „Diese Wahl mit ihrer sehr hohen Wahlbeteiligung hat gezeigt, dass Unsicherheit zu einem Vertrauensverlust in die Politik und besonders in die demokratischen Parteien führt und dies dann die Ränder stärkt. Dabei habe ich den Eindruck, dass zurzeit eine sehr große Unsicherheit herrscht und viele Menschen sich große Sorgen machen: wegen des Krieges in Europa, wegen der Migration, wegen der Inflation und der wirtschaftlichen Entwicklung, aus Angst vor dem Klimawandel und aus Angst um unsere Demokratie. Um die Unsicherheit nachhaltig zu senken, müssen wir gerade bei diesen Themen jetzt schnell zu Fortschritten kommen.“

Joachim Paul (AfD): „Die AfD ist eine vollumfänglich etablierte Volkspartei und kann sich im Westen, insbesondere auch in Großstädten, verankern. Es war richtig, den Wahlkampf noch stärker auf unsere Hochburgen zu konzentrieren, und: die Grünen haben ihren politischen Zenit offenkundig überschritten. Sie werden wahrscheinlich auf ihre Rolle als westdeutsche, aber eben nicht mehr gesamtdeutsche Milieu- und Großstadtpartei zurückfallen.“

Kim Theisen (Grüne): „Mit Blick auf die erschreckenden Ergebnisse der AfD hat sich gezeigt, dass die AfD und ihre rechtsextremen Positionen in diesem Wahlkampf weiter normalisiert wurden. Das ist ein großes Problem, woran die demokratischen Parteien in den nächsten Jahren arbeiten müssen.“

Dennis Graf (Freie Wähler): „Wie ich auch vermutet habe, ist die Frustration gegenüber den Alt-Parteien hoch. Was ich aus den vielen Gesprächen mitgenommen habe ist, dass die soziale Verträglichkeit verschiedener Vorhaben und Menschlichkeit wieder im Vordergrund stehen muss. Ich habe mit vielen Leuten gesprochen. Es war aber auch so, dass viele Leute auch hören wollten, dass es einen gemäßigten Weg gibt. Gerade die Spaltung durch Spitzenpolitiker, auch wenn es „nur" Wahlkampf ist, war in diesem Wahlkampf doch etwas zu extrem. Das spiegelt sich auch im Ergebnis der AfD wider. Somit kann man als Fazit ziehen: Wenn die neue Regierung nicht auf die Menschen mit unteren und mittleren Einkommen eingeht, wenn sie das Thema Integration nicht ernsthaft angeht und ihren Ton nicht auf ein gemäßigtes Miteinander gegenüber den demokratischen Parteien ändert, werden wir bei der nächsten Bundestagswahl eine noch stärkere AfD bekommen.“

Merkurist: Wie bewerten Sie das Ergebnis Ihrer Partei im Wahlkreis Koblenz?

Josef Oster (CDU): „Das Ergebnis im Wahlkreis spiegelt die Stimmung im ganzen Land. Die CDU und ich als Direktkandidat haben mit klarem Vorsprung der Zweit- und Erststimmen gewonnen. Dafür bin ich sehr dankbar und werde demütig aber voller Tatendrang meine Arbeit fortsetzen. Die CDU im Wahlkreis hat um 5,4 Prozentpunkte zugelegt und liegt damit über dem Bundesdurchschnitt. Das werte ich natürlich sehr positiv. Die Menschen in unserer Heimat haben uns und unserer Partei das Vertrauen geschenkt und ganz konkret auch der linken Politik des erhobenen Zeigefingers in unserer Stadt einen Dämpfer verpasst.“

Thorsten Rudolph (SPD): „Ich persönlich und auch meine Partei haben im Wahlkreis Koblenz besser abgeschnitten als die SPD auf Bundes- und Landesebene. Ich liege mit 24,4 Prozent der Erststimmen sogar deutlich über dem Bundes- und Landesschnitt. Das ändert aber nichts daran, dass unser Ergebnis insgesamt alles andere als gut ist. Die Verluste auf Bundesebene sind katastrophal, sodass wir uns jetzt dringend neu aufstellen müssen.“

Joachim Paul (AfD): „Das Ergebnis liegt deutlich über unserer Erwartung, wir konnten in Koblenz mit der sehr guten sachorientierten Kommunalpolitik unserer Fraktion im Stadtrat punkten, aber auch mit unserem Ansatz, hier und da mal anzuecken - entschlossen, grundsätzlich aber gleichzeitig seriös. Ich denke, dass sich dieser Ruf auch auf mich als Direktkandidaten übertrug.“

Kim Theisen (Grüne): „Das GRÜNE Ergebnis im Wahlkreis Koblenz ist etwas besser als der Bundes- und Landesdurchschnitt. Trotzdem hätten wir uns insgesamt natürlich mehr gewünscht.“

Dennis Graf (Freie Wähler): „Für mich persönlich und auch für die Kreisvereinigung Freie Wähler Koblenz sind die 3,8% Erststimmen für mich als Newcomer ein sehr gutes Ergebnis. Ich bin sehr zufrieden und dankbar für das Vertrauen, das mir 5858 Wähler entgegengebracht haben. Es hat sich gezeigt, dass man mit einem gemäßigten und freundlichen Ton auch viel erreichen kann. Auch, dass ich dieselben Probleme und Sorgen habe wie auch Millionen von Menschen in Deutschland, hat zu dem Ergebnis beigetragen. Auch die Verdoppelung der Erststimme zu den Zweitstimmen sprechen eine Sprache. In diesem Wahlkampf ist es einerseits durch die Polarisierung in die Extreme gegangen. Von vielen Menschen habe ich gehört, dass sie ihre Zweitstimme nicht verschenken möchten, sie mich aber gerne unterstützen wollen, weil authentisches Auftreten und Haltung selten in der Politik sind. Ganz frei gesprochen: Endlich einer, der es am eigenen Leib erfährt, und weiß wovon er spricht.“

Merkurist: Was müssen die 630 Bundestagsabgeordneten in den kommenden vier Jahren tun, um das Land wieder zu einen?

Josef Oster (CDU): „Deutschland braucht jetzt eine Regierung, die sich nicht in ideologischen Experimenten und Streit verrennt, sondern die ganz klar die Sorgen der Menschen in den Blick nimmt. Nur so können wir gegen Spaltung und Unzufriedenheit wirklich etwas bewirken. Die CDU ist sich dieser besonderen Verantwortung bewusst.“

Thorsten Rudolph (SPD): „Die 630 Bundestagsabgeordneten von der Linken bis hin zur AfD haben da naturgemäß ganz unterschiedliche Vorstellungen. Diese unterschiedlichen politischen Ansichten und Überzeugungen sind gerade der Kern der Demokratie. Die größte Aufgabe der demokratischen Parteien und insbesondere der Regierung ist es meiner Ansicht nach, Orientierung zu geben, Sicherheit zu vermitteln und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken. Dies erfordert einen klaren Plan, Zuversicht und vor allem auch eine gute und ehrliche Kommunikation.“

Joachim Paul (AfD): „Sie müssen begreifen, dass Millionen Wähler nicht einfach von der politischen Teilhabe ausgeschlossen werden können und wie - J.D. Vance es sagte - Brandmauern keinen Platz in der Demokratie haben. Die AfD sollte z.B. nicht mehr von Ämtern, die ihnen im Bundestag zustehen, ausgeschlossen werden.“

Kim Theisen (Grüne): „Insbesondere von der CDU erwarte ich, dass sie nach diesem Wahlkampf wieder eine andere Sprache an den Tag legt. Die Sprache im Wahlkampf hat viele Menschen verunsichert. Insgesamt müssen aber alle demokratischen Parteien wieder Brücken zueinander bauen und die großen Themen unseres Landes gemeinsam angehen.“

Dennis Graf (Freie Wähler): „Vernünftig miteinander das Land regieren und nicht immer weiter an die eigenen Parteibefindlichkeiten denken, ohne die Parteiidentität aufzugeben. Es geht für die gewählten Politiker alleine darum, das Beste für die in Deutschland lebende Bevölkerung zu machen, und sonst nichts. Keine persönlichen Profilierungen und auch nicht um Posten einzelner Personen. Leistung, Eignung und Befähigung müssen an erster Stelle bei den neuen Besetzungen stehen.Man darf die Bevölkerung nicht weiter finanziell überfordern und man muss jetzt an viele Themen rangehen. Infrastruktur, Wirtschaft, sozialverträgliches Wohnen, sichere Renten, gute und gesicherte Gesundheitsversorgung sowie weitere Projekte sozial verträglich für den Klimaschutz vorantreiben. Es fehlt hier in vielen Punkten Zuverlässigkeit und Planbarkeit.“

Merkurist: Wie geht es für Ihre Partei in Koblenz weiter?

Josef Oster (CDU): „Die CDU Koblenz wird weiterhin alles geben, um gute Politik für die Menschen unserer Heimat zu machen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass das gelingt. Ein besonderer Ansporn ist für uns dabei auch die Welle der Eintritte in unsere Partei in den vergangenen Wochen. Wir haben nie innerhalb von so kurzer Zeit so viele Neumitglieder verzeichnen können. Das macht Mut für alle Aufgaben, die vor uns liegen.“

Thorsten Rudolph (SPD): „Wir sind in Koblenz und in der Region gut aufgestellt und werden im Koblenzer Stadtrat, aber auch in den Gemeinde- und Verbandsgemeinderäten sowie in den Kreistagen in Mayen-Koblenz und im Rhein-Lahn-Kreis weiter für sozialdemokratische Politik kämpfen.“

Joachim Paul (AfD): „Wie bereiten uns auf die OB-Wahl im September vor und wollen noch mehr Jugendliche ansprechen - durch Socialmedia und gute, mitreißende Veranstaltungen und andere gemeinschaftsstiftende Angebote.“

Kim Theisen (Grüne): „Wir sind letztes Jahr als zweitstärkste Fraktion in den Stadtrat eingezogen. Wir konzentrieren uns darauf, unsere Stadt zu gestalten und Koblenz grüner zu machen.“

Dennis Graf (Freie Wähler): „Unsere Partei ist mit unseren Mitgliedern der Fraktion im Stadtrat und unserem Parteivorsitzenden Stephan Wefelscheid MdL im Landtag gut aufgestellt. Im Stadtrat wird weiter vernünftige und sachorientierte Politik für Koblenz gemacht und in der Kreispartei Freie Wähler Koblenz werden wir, soweit es uns möglich ist, unterstützend zur Seite stehen. Wir werden in der Kreisvereinigung Freie Wähler Koblenz für unsere Wähler weiterhin da sein – daran ändert sich nichts.“

Ergebnis der Bundestagswahl 2025 im Wahlkreis Koblenz

So hat Koblenz gewählt (Erststimmen):
Josef Oster (CDU) 35,7 %
Thorsten Rudolph (SPD) 24,4 %
Joachim Paul (AfD) 16,1 %
Kim Theisen (Grüne) 9,7 %
Oliver Antpöhler-Zwiernik (Linke) 5,9 %
Dennis Graf (Freie Wähler) 3,8 %
Jonathan Voss (FDP) 3,0 %
Dominik Rapp (Volt) 1,4 %

So hat Koblenz gewählt (Zweitstimmen):
CDU 31,5 %
SPD 19,5 %
AfD 16,4 %
Grüne 11,6 %
Linke 7,7 %
FDP 4,8 %
BSW 4,0 %
FW 1,9 %
Tierschutzpartei 1,1 %
Volt 0,7 %
Sonstige 0,7 %